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Politik: Umarmen statt spalten

Linkspartei-Spitzen werben bei Berlins WASG für gemeinsame Zukunft – und erwägen rechtliche Schritte

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Berlin - Die Spitzen von Linkspartei/PDS und WASG nehmen das Störfeuer aus Berlin sehr ernst. Von einem „neuen großen Stolperstein“ sprach PDS-Chef Lothar Bisky am Montag, nachdem ein Landesparteitag der WASG am Wochenende die Weichen für einen konkurrierenden Antritt bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl im September gestellt hatte. Auch nach Einschätzung der WASG-Führung will der eigene Berliner Landesverband das Vorhaben „torpedieren“, bis 2007 eine gemeinsame neue Linkspartei zu bilden.

Doch die Bundesführungen beider Parteien geben sich kämpferisch. Bisky kündigte nach einer Vorstandssitzung am Montag an, die Vereinigung von WASG und Linkspartei zur Chefsache zu machen. Er selbst will sich auf einem vorgezogenen Bundesparteitag Ende April 2006 erneut zur Wahl als Parteichef stellen – obwohl er ursprünglich nach dem Einzug der Linken in den Bundestag auf baldigen Rückzug eingestellt war. „Mit ganzer Kraft“ werde er für das gemeinsame Projekt kämpfen, versicherte Bisky. Und auch WASG-Sprecher Murat Cakir kündigte an, eine Spaltung der Partei, die bis 2007 mit der PDS zusammenwachsen soll, müsse verhindert werden.

Schon der nächste Bundesparteitag der Linkspartei/PDS am 10. und 11. Dezember in Dresden soll demonstrieren, wie wichtig den Genossen die Gründung einer neuen Partei ist. Im Kern würden die inhaltlichen Positionen beider Parteien „sehr weit übereinstimmen“, sagte Bisky. Die PDS plant mit der WASG gemeinsame Kampagnen für einen gesetzlichen Mindestlohn und eine Ausbildungsabgabe sowie gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Der Einzug der Linksfraktion in den Bundestag sei der „guten politischen Kooperation“ mit der WASG zu verdanken, betonte der PDS-Chef.

Noch hoffen die Parteiführungen, die rebellischen Berliner WASGler mit Argumenten zum Einlenken zu bewegen. Deren Delegierte werfen der PDS in Berlin vor, als Koalitionspartner der SPD Sozialkürzungen mitzutragen. Nun wollen Linkspartei und WASG-Führung unter den knapp 800 Berliner Mitgliedern der Wahlalternative dafür werben, trotz der Kritik am rot-roten Senat das bundesweite linke Projekt nicht zu gefährden und bei der Urabstimmung im Februar für eine Kooperation mit der PDS zu stimmen. Aus Sicht Biskys wird wohl eine „Einmischung“ der Bundes-PDS nötig. Sie hatte sich bisher aus dem Berliner Streit herausgehalten. Mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl in Berlin sprach Bisky von einer „bedrohlichen“ Situation.

Sollte der Überzeugungsversuch misslingen, stehen dem linken Projekt auch juristische Auseinandersetzungen bevor. Zentrales Problem ist der Paragraf 10 der Geschäftsordnung des Bundestages. Dort heißt es, Bundestagsfraktionen dürften nur aus Mitgliedern von Parteien bestehen, die „in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen“. Ob dieser Passus, der eigentlich auf CDU und CSU gerichtet ist, auf Linkspartei und WASG übertragen werden kann, ist unter Juristen, Bundestagsfachleuten und Politikern umstritten. Linkspartei und WASG wollen die Auslegung des Paragrafen von Juristen prüfen lassen, um für eine Auseinandersetzung im Bundestag und auch für den WASG-internen Konflikt gerüstet zu sein. „Wir hoffen aber, dass wir das Problem ohne juristische Schritte lösen können“, sagte WASG-Chef Klaus Ernst dem Tagesspiegel. In den kommenden Wochen wolle man versuchen, mit dem neuen – offensiv gegen die PDS gerichteten – Berliner WASG-Landesvorstand über das weitere Vorgehen zu sprechen.

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