zum Hauptinhalt

Umfrage: Deutsche misstrauen dem Kampf gegen Korruption

Die Schmiergeldskandale bei VW und Siemens schaden der deutschen Wirtschaft. Umso schlimmer, dass die Bundesbürger nicht einmal mehr der Regierung zutrauen, das Problem lösen zu können - sagt eine Studie.

Die Deutschen sind nicht überzeugt vom Kampf der Bundesregierung gegen Korruption: Immerhin 77 Prozent sind der Ansicht, dass die Regierung nicht wirksam gegen Korruption vorgeht. Das ergibt sich aus dem fünften internationalen Korruptionsbarometer, das Transparency International in Berlin vorstellte. Auffallend ist vor allem der anhaltende Pessimismus der Deutschen: 69 Prozent der Befragten erwarten, dass die Korruption in den kommenden drei Jahren zunehmen wird. Innerhalb der Europäischen Union sind nur die Bürger Großbritanniens (72 Prozent) und der Niederlande (73 Prozent) pessimistischer. Alle anderen liegen deutlich darunter, am stärksten Bulgarien (32 Prozent) und Rumänien (36 Prozent).

Weltweit rechnen 54 Prozent der Befragten in 60 Ländern damit, dass die Korruption in den kommenden Jahren noch zunehmen wird. Vor vier Jahren waren es noch 43 Prozent. Ebenfalls mehr als die Hälfte der weltweit Befragten halten die Anstrengungen ihrer Regierung im Kampf gegen Korruption für unwirksam. Nur jeder Dritte sieht die jeweiligen Anti-Korruptionsmaßnahmen als effektiv an. Dass Nordamerikaner und Europäer trotz insgesamt vergleichsweise niedrigem Schmiergeldniveau nur wenig Vertrauen in die Bemühungen ihrer Regierungen haben, hängt offenbar damit zusammen, dass sie durch Korruptionsfälle größeren Ausmaßes beunruhigt sind. In Deutschland, das die UN-Konvention gegen Korruption im Gegensatz zu mehr als hundert Staaten - darunter Frankreich, Großbritannien, Kanada, Russland und die USA - nach wie vor noch nicht ratifiziert hat, gilt das unter anderem für die Skandale bei VW und Siemens.

Umfrage: Privatwirtschaft und Parteien gelten als sehr anfällig

Am korruptionsanfälligsten gelten den Befragten in Deutschland die Privatwirtschaft und die politischen Parteien. Sie werden auf einer Skala von 5 ("höchst korrupt") bis 1 ("überhaupt nicht korrupt") mit 3,5 bewertet. Im Vorjahr lagen hier die Parteien mit 3,7 noch allein vorn. Am wenigsten korrupt werden wie im Vorjahr die Melde- und Zulassungsbehörden (mit 2,0) sowie das Bildungssystem (mit 2,2) beurteilt. Das Parlament wird in diesem Jahr mit 3,0 besser eingeschätzt als die Medien (3,1). Die deutlichste Veränderung findet sich bei den Versorgungsunternehmen, die eine Zunahme von 2,8 auf 3,1 verzeichnen.

Sowohl in Industriestaaten als auch in Entwicklungsländern sind dem Barometer zufolge gerade Arme am häufigsten mit Schmiergeldforderungen konfrontiert. Mehr als zehn Prozent der Befragten gaben an, dass sie im zurückliegenden Jahr Schmiergeld zahlen mussten, um Zugang zu Leistungen zu erhalten. Albanien und der Senegal sind der Umfrage zufolge die Länder mit dem höchsten Schmiergeldniveau. 30 Prozent der dort Befragten meldeten Schmiergeldforderungen. Andere Länder mit einem hohen Schmiergeldniveau sind Kambodscha, Kamerun, Mazedonien, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und Rumänien.

Unterschiede nach Weltregionen

Weltweit gelten besonders Polizei und Justiz als korruptionsanfällig. Allerdings gibt es zwischen einzelnen Regionen wichtige Unterschiede. In Europa sind Schmiergeldforderungen vor allem im Gesundheitswesen weit verbreitet. In Lateinamerika, im Asien-Pazifik-Raum und in Nordamerika ist laut Transparency Schmiergeld im Justizsystem ein ernst zu nehmendes Problem. In Afrika und in Staaten, die erst seit einigen Jahren unabhängig sind wie Russland, Moldawien und die Ukraine, herrschen Schmiergeldzahlungen im Bildungs- und Gesundheitswesen vor.

Für das Korruptionsbarometer 2007 befragte das Institut Gallup International zwischen Juni und September mehr als 63.000 Menschen in 60 Ländern. Die Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgte kurz vor dem internationalen Korruptionstag am 9. Dezember. (feh/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false