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Umfrage: Welche Werte haben Kinder?

Unicef hat Deutschlands Kinder gefragt, was ihnen wichtig ist und wovor sie Angst haben. Geborgenheit und Freudnschaft sind allen wichtig. Aber zwischen Jungen und Mädchen gibt es nicht nur Gemeinsamkeiten.

Kinder in Deutschland fürchten sich vor Würgeschlangen, Spinnen und vor dem Abstieg des heißgeliebten Fußballklubs. Doch sie ängstigt auch die anhaltende Arbeitslosigkeit des Vaters, die Scheidung der Eltern, große Umweltkatastrophen, der Tod oder schlicht die Schule. Ihre wichtigsten Bezugspersonen sind die Eltern, Freundschaft und Geborgenheit gehen ihnen über alles, gefolgt von Ehrlichkeit, Vertrauen und auch Umweltschutz. Geld und Besitz hingegen sind ihnen nicht so wichtig.

Herausgefunden haben dies das Kindermagazin Geolino und Unicef, die nach 2006 bereits zum zweiten Mal den Kinderwerte-Monitor veröffentlichten. 911 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren und 706 Mütter wurden dafür repräsentativ in Deutschland befragt. Und bei den Ergebnissen dieser Umfrage zeigt sich vor allem eines: Die sozialen und politischen Probleme ihrer Eltern beeinflussen die Kinder sehr.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten und angesichts instabiler sozialer Beziehungen hielten die Kinder vor allem Stabilität versprechende Werte für bedeutend, sagte Ann Kathrin Linsenhoff, stellvertretende Vorsitzende von Unicef Deutschland. So erschließt sich zum Beispiel auch, warum 76 Prozent der Befragten Freundschaft und 58 Prozent Geborgenheit „total wichtig“ finden. Im Jahr 2006 beurteilten nur 48 Prozent der Kinder Geborgenheit als sehr wichtig.

Zwar gehe es den Kindern in Deutschland im Vergleich zu ihren Altersgenossen in Entwicklungsländern gut, sagte Linsenhoff. Doch lebten immerhin rund 2,5 Millionen von ihnen auf Sozialhilfeniveau. Die Unsicherheit, die ihre Eltern tagtäglich spüren, überträgt sich offenbar auch auf die Kinder. So sorgt sich bereits ein Achtjähriger: „Dass ich die Schule nicht schaffe, dass ich mal keine Lehrstelle bekomme.“ Leistungsbereitschaft, Pflichtbewusstsein und schulischer Erfolg werden nach wie vor ernst genommen. Allerdings fürchtet sich auch mehr als jedes zehnte Kind vor der Schule.

Während zehn Prozent mehr Kinder Geborgenheit als sehr wichtig erachten, ist der Wert von Freundschaft im Vergleich zur ersten Erhebung etwa gleich hoch geblieben. Er steht für Zusammenhalt und gegenseitiges Vertrauen. Für ein neunjähriges Mädchen bedeutet Freundschaft zum Beispiel: „Sich für meine Freunde einsetzen, sie verteidigen.“

Jungs und Mädchen sind sich weitgehend einig, welche Werte im Leben eine Rolle spielen. Trotzdem gibt es Unterschiede: Mut, Durchsetzungsfähigkeit und Geld halten Jungs für weitaus wichtiger. Experten erklären sich diesen Unterschied zwischen den Geschlechtern mit verschiedenen Rollenvorbildern. Für Jungen sei dies traditionell der Vater, der als Repräsentant der Familie mit Geld und Statussymbolen verbunden wird.

Überhaupt sind nach Angaben von 98 Prozent der Kinder vor allem die eigenen Eltern für die Vermittlung von Werten verantwortlich (siehe Grafik). Mit einigem Abstand folgen Großeltern und Verwandte. Im Vergleich zum ersten Wertemonitor haben inzwischen auch außerfamiliäre Institutionen an Bedeutung gewonnen. So sind etwa Lehrer vermehrt Vorbilder für Kinder, und auch die Kirche halten 19 Prozent der Befragten für wichtig – zehn Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Politiker rangieren bei der Wertevermittlung mit sechs Prozent zwar an letzter Stelle, doch auch sie haben an Ansehen gewonnen.

Wo die Geborgenheit in Familie und Freundeskreis im Mittelpunkt steht, da erscheint es natürlich, dass viele der Kinder neben dem eigenen Tod besonders den Verlust der Eltern fürchten. Doch sie sorgen sich auch um andere existentielle Bedrohungen wie etwa Krieg oder Krankheit. Mit der Angst vor einer möglichen Arbeitslosigkeit der Eltern leben Kinder aller Altersklassen – am häufigsten jedoch Kinder aus Ostdeutschland. Und was sie für sich selbst nicht möchten, wünschen sie auch anderen Kindern dieser Welt nicht. Bei der Frage nach speziellen Rechten für Kinder bewerteten 81 Prozent ein Aufwachsen ohne Gewalt mit „total wichtig“. 71 Prozent halten es für sehr wichtig, Mutter und Vater regelmäßig sehen zu dürfen. Die Umfrageergebnisse will Unicef nutzen, um sich noch gezielter für Kinderrechte einzusetzen.

Ein heißer Wunsch der Kinder wird aber wohl auf unbestimmte Zeit unerfüllt bleiben: neue Schulfächer, ganz nach Kinderlaune. Demnach gäbe es an deutschen Schulen künftig vor allem Sport. Tanzen und Reiten für Mädchen und nonstop Fußball für Jungs.

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