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Wahlurne beim Landesparteitag der AfD (Archivbild von 2015)

© dpa/picture alliance Uli Deck

Alternative für Deutschland im Umfragetief: AfD will schädlichen Streit um Höcke beilegen

Der Zuspruch für die AfD nimmt ab. Das Ausschlussverfahren für den Rechtsaußen Björn Höcke macht der Partei zu schaffen. Jetzt soll ein Mitgliederbrief für Einigkeit sorgen.

Die AfD ist beunruhigt. Viele Parteiobere befürchten, dass der Streit an der Spitze langfristig dem Wahlergebnis schaden könnte. In einem Schreiben, das am Sonntagabend an mehr als 25.000 Mitglieder versandt wurde, riefen die Vorsitzenden der AfD-Landesverbände – darunter auch Bundeschefin Frauke Petry – zu Einigkeit auf. Die vergangenen Wochen seien „innerparteilich von scharfen Diskussionen um die Ausrichtung der Partei und um einzelne Personen geprägt“ gewesen. Nun müsse man „im gemeinsamen Kampf gegen die Altparteien die Reihen schließen.“

Auslöser für den Appell: In jüngsten Umfrage zur Bundestagswahl kommt die AfD teilweise nicht einmal mehr auf zehn Prozent. Forsa zum Beispiel ermittelte zuletzt sogar ein Ergebnis von acht Prozent. Damit stünde die AfD so schlecht da wie seit Juli 2016 nicht mehr. Andere Umfrageinstitute kommen aktuell auf Werte zwischen neun und elf Prozent.

Der offene Streit schadet der Partei

In der AfD-Führung macht man nicht etwa den Hype um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verantwortlich. Vielmehr sei der offen ausgetragene Streit um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke der Grund für dieses Tief. Höcke hatte in seiner umstrittenen Dresdner Rede im Januar eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert. Gegen ihn läuft ein Parteiausschlussverfahren, das der Bundesvorstand Mitte Februar beschlossen hatte.

Obwohl man dies als Signal der Abgrenzung verstanden wissen wollte, hat sich die AfD mit diesem Schritt möglicherweise keinen Gefallen getan. Der Ausschluss gilt als unwahrscheinlich, und das Verfahren könnte sich bis nach der Bundestagswahl hinziehen. Beinahe täglich werden Details aus dem innerparteilichen Zwist bekannt.

Die Front verläuft zwischen Bundeschefin Frauke Petry, die den Parteiausschluss befürwortet hatte, und den Höcke-Unterstützern. Dazu zählen vor allem Mitglieder des „Flügels“, einer rechtsgerichteten Organisation innerhalb der AfD, die der thüringische AfD-Chef selbst ins Leben gerufen hatte. Der sachsen-anhaltinische Fraktionsvorsitzende André Poggenburg ist eines der prominentesten Mitglieder. Auch der Brandenburgische Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland stellte sich hinter Höcke, hätte ihn sogar gern im Bundestag gesehen. „Eine Rede wie die in Dresden, etwas verändert – auch in der Tonlage, im Deutschen Bundestag und wir hätten die Republik gerockt“, sagte er auf dem Landesparteitag der Thüringischen AfD.

"Echter Schulterschluss" der Ost-Verbände

Im andauernden Streit um Höcke zeigt sich somit auch die bröckelnde Machtbasis der Parteichefin. Selbst in Petrys eigenem Landesverband Sachsen gibt es Höcke-Fans – beispielsweise den Richter Jens Maier, der auf der Landesliste für die Bundestagswahl auf Platz zwei steht und von Parteifreunden als „kleiner Höcke“ bezeichnet wird. Am Wochenende warnte er in einer Rede in Freital zwar davor, dass sich die AfD noch vor der Bundestagswahl zerlege. Gleichzeitig rief er dazu auf, dass es zu einem „echten Schulterschluss“ der AfD-Landesverbände in Ost- und Mitteldeutschland kommen müsse. Man dürfe sich nicht „weichspülen“ lassen.

Für Frauke Petry wird es langsam eng. Zwar schart sie offenbar schon Unterstützer um sich, die sie zur Vorsitzenden der neuen Bundestagsfraktion wählen sollen. Doch auch immer mehr ihrer innerparteilichen Gegner schaffen es auf aussichtsreiche Listenplätze für die Bundestagswahl. Am Wochenende wurde in NRW der ärgste Widersacher ihres Ehemannes Marcus Pretzell an die Spitze der Landesliste gewählt. Martin Renner steht weit rechts und bezeichnete die von Höcke angerissenen Themen als „richtig“. Er sprach von „Schuldkult“ – eine Vokabel, die auch die NPD verwendet.

Die Causa Höcke könnte zudem die Wahl der Spitzenkandidaten beeinflussen. Die Parteimitglieder hatten sich dafür ausgesprochen, ein sogenanntes Spitzenteam aufzustellen. Eine Zeit lang galt innerhalb AfD ein Tandem aus Petry und Gauland als denkbar. Doch mit den erneut aufgerissenen Gräben ist es fraglich, ob sich beide darauf einlassen würden.

Die Parteispitze wird alles daran setzen müssen, ihrem Aufruf nach Geschlossenheit Taten folgen zu lassen. Auch Höcke hat den Appell unterschrieben. Doch für die AfD wird es schwer, in die komfortable Situation vor der Dresdner Rede zurückzufinden. Damals hieß es, im Grunde müsse man nur die Füße stillhalten – dann sei das Ziel eines zweistelligen Wahlergebnisses quasi ein Selbstläufer. Nun ist dies alles andere als selbstverständlich.

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