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Umweltminister Gabriel: "Europas problematischste Atomanlage"

Minister Sigmar Gabriel hat mit harschen Tönen die Betreiber und Aufseher des Endlagers Asse kritisiert. Er prangerte jahrzehntelange Schlamperei an. 1967 gab es einen Wassereinbrüche,die jahrzehntelang geheim gehalten wurde.

Berlin - „Inkompetent“, „mangelnde Fachkunde“, „hahnebüchene Vorstellungen“ – als Bundesumweltminister Sigmar Gabriel am Dienstag den Inhalt eines neuen „Statusberichts“ über das Atommülllager im früheren Salzbergwerk Asse vorstellte, ging er mit den dort verantwortlichen Managern und Aufsichtsbeamten hart ins Gericht. Infolge jahrzehntelanger Schlamperei und des „rechtlich nicht korrekten“ Umgangs mit dem strahlenden Abfall sei die Asse heute „die problematischste kerntechnische Anlage in Europa“, sagte Gabriel. So könne nicht sicher ausgeschlossen werden, ob bei einem unkontrollierten Wassereinbruch in das Bergwerk radioaktive Substanzen über das Grundwasser in die Umwelt an der Oberfläche gelangen können.

In dem alten Bergwerk waren von 1967 bis 1978 insgesamt rund 126 000 Fässer mit schwach und mittelaktivem Atomabfall eingelagert worden. Weil es bis 1971 nicht einmal Begleitscheine gab, ist bis heute nicht vollständig geklärt, wie gefährlich die gelagerten Stoffe sind.

Der vom niedersächsischen Umweltministerium nun vorgelegte Bericht bestätigt nach Einschätzung Gabriels, dass die in der Asse eingesetzten Manager des Helmholtz-Zentrums München, das im Auftrag des Budesforschungsministeriums das „Versuchsendlager“ betreibt, den nötigen „atomrechtlichen Maßstäben“ nicht gerecht geworden seien. Nicht nur hätten sie ihre Bergleute über Jahre ohne die vorgeschriebenen strahlenschutzrechtlichen Genehmigungen arbeiten lassen. Zudem hätten sie das Risiko eines Wassereinbruchs in die Kammern mit dem strahlenden Abfall durch Umbaumaßnahmen im Bergwerk selbst noch erhöht. „Schwerwiegende Mängel“ sieht Gabriel auch bei der bisherigen Ausichtsbehörde, dem Landesamt für Bergbau, dessen Beamten er „Unkenntnis des Strahlenschutzrechts“ vorwarf. Das Amt hatte den Betreibern über Jahre genehmigt, kontaminierte Lauge abzupumpen, ohne das Umweltministerium auch nur zu unterrichten. Als „unglaublichen Vorgang“ bezeichnete Gabriel schließlich, dass es schon zu Beginn der Einlagerung im Jahr 1967 Wassereinbrüche ins Bergwerk gegeben habe, dies aber jahrzehntelang geheim gehalten wurde. Als Konsequenz aus den festgestellten Missständen forderte Gabriel, dass sowohl die Führung als auch die Aufsicht in der Asse „grundlegend neu gestaltet“ werden müssten. Darüber werde er mit Forschungsministerin Annette Schawan (CDU) und dem niedesrsächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) am Donnerstag dieser Woche beraten. Dabei ließ der Minister offen, ob das ihm unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter als neuer Betreiber eingesetzt werden soll oder nicht. Anstreben tue er das gewiss nicht, sagte Gabriel, aber die Aufsicht liege ja nun ohnehin schon bei seinem Ministerium.

Unabhängig von dem vorliegenden Statusbericht hatte Gabriel jedoch auch gute Nachrichten für die Anwohner in der Region. Nach den ersten Zwischenberichten der von ihm beauftragten Gutachter sei es voraussichtlich möglich, das Bergwerk noch weit über das Jahr 2014 hinaus vor dem Einsturz zu bewahren. Bleibe es bei dieser Einschätzung, werde „deutlich mehr Zeit“ für die Untersuchung bleiben, ob der radioaktive Abfall vielleicht wieder geborgen und ins benachbarte Endlager Konrad verbracht werden kann. Der enstprechende erste Bericht der vom Bund und Land eingesetzten Expertengruppe, die alle möglichen Optionen vergleichen soll, werde Ende Oktober vorliegen.

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