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Umweltpolitik: Regierung streitet über CO2-Emissionshandel

Aus der angeblichen Einigung über die weitere Gestaltung des Emissionshandels mit Kohlendioxid-Zertifikaten ist in der Bundesregierung eine handfeste Auseinandersetzung geworden.

Berlin - So besteht Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) darauf, zehn Prozent der Verschmutzungs-Rechte zu versteigern und nicht alle kostenlos an die Industrie zu verteilen. Parallel streiten Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) über die Strafgebühren bei Überschreitung des zulässigen CO2-Ausstoßes, wie am Montag aus einem Briefwechsel der Ressorts bekannt wurde.

Noch Anfang April hatten der federführende Gabriel und Glos die Neuverteilungsregelung für C02-Zertifikate im Zeitraum 2008 bis 2012 im «Einvernehmen» bekannt gegeben. Dabei hatten sie sich auch darauf verständigt, die Zertifikate kostenlos auszugeben, was Steinbrück zum Teil rückgängig machen möchte. Gabriel forderte die Energiekonzerne auf, die Strompreise zu senken und so den jüngsten Preisverfall für CO2-Emissionszertifikate weiterzugeben. Es könne «nicht richtig sein, den Verbrauchern immer nur Preiserhöhungen weiterzugeben», sagte der Minister am Montag im Gespräch mit dem Berliner Internetmedium «Netzeitung». Dies müsse auch für die kommende Handelsperiode für kostenlos zugeteilte Zertifikate gelten.

Dem Vernehmen nach ist der Umweltminister über Glos auch erbost, weil er mit seinem Vorschlag international «Verwirrung» ausgelöst habe, hieß es in Gabriels Umfeld. Dem Wirtschaftsminister wird dabei zugeschrieben, dass der französische Industrieminister François Loos vor einer Woche erklärt hatte, Paris und Berlin wollten bei der EU- Kommission für die Änderung der CO2-Quotenregelung sorgen, um eine Verteuerung der Energie zu vermeiden. Im Umweltministerium hieß es dazu, der Minister habe sich am letzten Wochenende beim Treffen der EU-Umweltminister in Wien darum bemüht, «diese Irritationen wieder aus der Welt zu schaffen».

Der 2005 gestartete C02-Emissionshandel ist ein wichtiges Marktinstrument für den Klimaschutz: Wer durch Anlagenmodernisierung seinen Kohlendioxid-Ausstoß verringert, kann überschüssige Handels- Papiere an denjenigen verkaufen, der mehr CO2 ausstößt, als er dafür Zertifikate hat. Verzichtet ein solcher Betreiber in dieser Lage auf einen Zukauf, muss er nach heutigem Recht eine Strafe von 100 Euro je Tonne zahlen. Gabriel lehnte den Glos-Vorschlag ab, diese Gebühr zur Entlastung der energieintensiven Industrie auf 20 Euro zu senken. «Eine amtliche Festlegung des Zertifikatepreises würde nicht nur die marktwirtschaftliche Funktion des Emissionshandels aushöhlen», erklärte der Umweltminister. «Sie würde auch dazu führen, dass sich Anlagenbetreiber von ihren Reduktionsverpflichtungen freikaufen können statt sie zu erfüllen.»

Glos forderte in seinem Schreiben die vordringliche Schaffung eines «Mechanismus, der einen C02-Preisanstieg über ein wettbewerbsverträgliches Maß hinaus verhindert». «Wäre während der ersten (Handels-)Periode (2005 bis 2007) ein derartiger Mechanismus mit einer Sanktionsgebühr von zum Beispiel 20 Euro je Tonne CO2 bereits etabliert gewesen, wäre der Strompreis bei weitem nicht so stark gestiegen wie beobachtet». Mit ähnlichen Wettbewerbs- und Preis-Argumenten lehnt Glos auch die von Steinbrück verlangte Zertifikate-Versteigerung ab, die er für ein «Vabanquespiel» hält: «Je höher der CO2-Preis, desto höher der Strompreis, desto höher die Belastung insbesondere der stromintensiven Industrie...»

Gabriel antwortet Glos in seinem Schreiben: «Gerne bin ich bereit, mit Ihnen konstruktiv nach marktkonformen Lösungen zu suchen, mit denen spekulativ überhöhte Zertifikatspreise mit möglichen Auswirkungen auf die Strompreise vermieden werden können.» Ein Weg liege im Erwerb zusätzlicher Emissionsrechte für kostengünstige Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern. (tso/dpa)

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