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protestierende junge Menschen mit Plakaten

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Umweltschutz: Erdöl statt Regenwald

Ecuador erlaubt doch Schwerölförderung im Yasuni-Nationalpark. Präsident Correa sagt: "Die Welt hat uns im Stich gelassen." Er wollte Geld dafür, dass er den Nationalpark erhält. Nur einer freut sich: Entwicklungsminister Dirk Niebel.

Ein weltweit einmaliges Projekt zum Schutz des Regenwalds ist gescheitert. Ecuador zieht sein Angebot zurück, einen Teil des Yasuni-Nationalparks vor der Ölförderung zu verschonen. Im Gegenzug sollte die internationale Gemeinschaft dafür einen Teil der Verluste bezahlen. Seit 2007 hatte der linke Präsident Rafael Correa dafür geworben, Ecuador teilweise dafür zu entschädigen, dass das Land das Öl unter dem artenreichsten Regenwald der Welt nicht fördert. Correas Angebot lautete: Wenn die internationale Gemeinschaft 3,6 Milliarden Dollar in einen Fonds einzahlt, verzichtet Ecuador in einem Teil des Unesco-Biosphärenreservats im Nordosten Ecuadors auf die Schwerölförderung. In der Nacht zum Freitag kündigte er an, dass die Erdölförderung nunmehr beginnen soll. Er begründete das damit, dass nicht genug Geld in den Yasuni-Fonds geflossen sei.

Mann vor Mikro
Die Schuldfrage ist für den Präsidenten Ecuadors, Rafael Correa, bereits geklärt: "Die Welt hat uns im Stich gelassen."

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„Mit tiefer Traurigkeit, aber auch aus Verantwortung gegenüber unserem Volk und unserer Geschichte muss ich eine der härtesten Entscheidungen meiner Amtszeit treffen“, sagte er in einer Ansprache an die Nation. „Die Welt hat uns im Stich gelassen.“ Lediglich rund 300 Millionen Dollar seien zugesagt und nur rund 13 Millionen Dollar seien tatsächlich in den vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP verwalteten Fonds eingezahlt worden, sagte der Präsident.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der sich beharrlich geweigert hatte, einen von Union, SPD, Grünen 2008 beschlossenen Antrag zur Unterstützung der Yasuni-Initiative umzusetzen, dürfte sich bestätigt fühlen. Niebel lehnt den Ansatz kategorisch ab. In einem Kommentar in der „Tageszeitung“ schrieb Niebel 2011, er schaffe „ganz bewusst keinen Präzedenzfall, der in immer neue Forderungen mündet, finanzielle Mittel zum Unterlassen von Umweltschädigungen bereitzustellen“. Er richte ja auch keinen Fonds als Belohnung dafür ein, „dass vor Somalia keine Schiffe mehr von Piraten überfallen werden“, argumentierte er damals. Der Außenminister Ecuadors, Ricardo Patino, sagte dem Tagesspiegel im Jahr darauf: „Da ist die Bedeutung des Projekts nicht verstanden worden.“

Niebels Staatssekretärin Gudrun Kopp (FPD) sagte am Freitag, es sei „völlig unverständlich und ärgerlich, dass Präsident Correa mit der Absicht zur Ölförderung unsere getroffene Vereinbarung jetzt in Frage stellt und offenbar eine Doppelstrategie verfolgt“. Sie bezieht sich auf die deutsche Zusage vom Herbst 2012, 34,5 Millionen Euro in den Schutz des Regenwalds im Yasuni-Gebiet zu investieren.

Die grüne Abgeordnete Ute Koczy, die das Projekt jahrelang unterstützt hat und das Naturschutzgebiet auch mehrfach besucht hat, sagte am Freitag: „Das ist eine bittere Enttäuschung. Der Hoffnungsträger Correa kapituliert vor dem Druck der Ölindustrie.“ Ricardo Patino hatte die Motivation seiner Regierung so beschrieben: „Wir bitten mit diesem Projekt weder um internationale Hilfe noch um internationale Solidarität. Wir bieten an, den Planeten zu schützen.“

Correa hatte mehrere Ultimaten gestellt, um die Geberländer zu Eile bei ihren Zusagen zu bewegen. Nachdem Ende 2012 noch immer keine 100 Millionen Dollar zusammengekommen waren, konnte man damit rechnen, dass er auch die 20 Prozent des Nationalparks, die von der Erdölförderung verschont bleiben sollten, für die Konzerne öffnen würde. Die Regierung hatte trotz der Yasuni-Initiative weiter Förderlizenzen für das Gebiet vergeben, in dem 20 Prozent der ecuadorianischen Erdölreserven vermutet werden. Die prominente Umweltaktivistin aus Nicaragua, Bianca Jagger, schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Ich bin enttäuscht, dass die internationale Gemeinschaft ihre Initiative nicht unterstützt hat. Aber dort nach Öl zu bohren, ist ein Verbrechen.“

Der Alternative-Nobelpreisträger Nnimmo Bassey aus Nigeria bezeichnete Correas Begründung als eine "lahme Entschuldigung". Als er das Gebiet 2011 besucht habe, habe er den Druck der Erdölindustrie schon sehen können, die Bohrlöcher und das Gas, das abgefackelt wurde, seien schon zu sehen gewesen. Bassey setzt sich dafür ein, das Erdöl prinzipiell im Boden zu lassen und plädiert für eine Abkehr von nicht erneuerbaren Energiequellen wie Erdöl, Gas und Kohle. Das Yasuni-Projekt war bisher jedoch das einzige, das seiner Vorstellung nahe kam, und Bassey hat es stetig dafür kritisiert, dass Correa den Verzicht auf die Ölförderung von Zahlungen aus dem Ausland abhängig gemacht hatte. Bassey argumentiert, es gehe um den Klimaschutz, und zudem merkt er an: "Das Leben ist wertvoller als das Öl." Das sieht Rafael Correa aber offenbar anders.

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