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Nach Angriff auf Gaza-Hilfskonvoi: Israel schiebt alle Aktivisten der internationalen Hilfsflotte ab

Zwei Tage nach dem blutigen Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte sind alle ausländischen Aktivisten wieder frei. Der UN-Menschenrechtsrat will den Tathergang von einem internationalen Ermittlungsteam aufklären lassen. Unterdessen nimmt ein irisches Hilfsboot Kurs auf den Gazastreifen.

Die israelische Gefängnisbehörde teilte mit, 632 internationalen Häftlinge seien entlassen worden und auf dem Heimweg. Nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin konnten auch die letzten fünf festgehaltenen Bundesbürger das Gefängnis im israelischen Beerscheva verlassen. Ein verletzter Deutscher, der im Krankenhaus behandelt worden war, wurde ebenfalls entlassen.

Israels Regierungschef Netanjahu verteidigte die Abriegelung des Palästinensergebietes. Nur so könne verhindert werden, „dass Gaza ein iranischer Hafen wird, der eine Gefahr für das ganze Mittelmeer darstellt“, sagte er in einer Fernsehansprache.

Unterdessen reißt die Kritik an dem Einsatz nicht ab: Nach anfänglichem Zögern sprach sich auch US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat mit dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip für eine glaubwürdige, unparteiische und transparente Untersuchung aus. Erdogan verlangte eine Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens. Das türkische Parlament forderte Erdogan auf, die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu Israel auf den Prüfstand zu stellen und Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen. Drei der sechs Schiffe der Hilfsflotte fuhren unter türkischer Flagge, mehrere hundert Türken waren an Bord.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kritisierte das Verhalten der israelischen Behörden. Das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft in Tel Aviv hätten sich nach den „bestürzenden Ereignissen“ intensiv um Zugang zu den festgehaltenen Deutschen bemüht, schrieb er an den Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi. Trotzdem sei man nicht vorgelassen worden. Westerwelle geht davon aus, dass die „dramatischen Ereignisse“ auch im Bundestag zur Sprache kommen.

UN beschließt Ermittlungen gegen Israel

Der UN-Menschenrechtsrat will den israelischen Einsatz von einem internationalen Ermittlungsteam aufklären lassen. 32 der 47 Mitgliedsländer des UN-Gremiums in Genf stimmten am Mittwoch für die Entsendung einer unabhängigen Untersuchungskommission. Die USA, Norwegen und Italien waren dagegen. Neun Länder, darunter auch weitere EU-Mitglieder, enthielten sich. In der Resolution wird Israel für sein Vorgehen gegen den Hilfskonvoi verurteilt.

Mit der Freilassung der Aktivisten gelangen auch immer mehr Augenzeugenberichte zu dem blutigen Einsatz an die Öffentlichkeit. Ein an der Aktion beteiligter pakistanischer TV-Journalist erhob schwere Vorwürfe: Demnach sollen die Soldaten bei der Erstürmung der sechs Schiffe Aktivisten teils direkt in den Kopf geschossen haben. Der freigelassene schwedische Krimi-Autor Henning Mankell bezeichnete den Angriff als „Seeräuberei und Kidnapping“.

Der Jüdische Weltkongress bezeichnete die Gaza-Aktivisten dagegen als „Lynchmörder“ („lynch mob“). Sie hätten die israelischen Soldaten mit Eisenstangen und anderen potenziell tödlichen Waffen angegriffen und damit die Konfrontation auf hoher See heraufbeschworen, heißt es in einer am Mittwoch in New York veröffentlichten Erklärung

Irland fürchtet um Hilfsgüter-Schiff

Unterdessen hält ein irisches Schiff mit Hilfsgütern weiter Kurs auf den Gazastreifen. Die „Rachel Corrie“ war wegen technischer Probleme hinter der „Solidaritätsflotte“ zurückgeblieben. An Bord ist unter anderem die nordirische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire. Zu der Ladung gehören Hilfsgüter und Zement. Irlands Außenminister Michael Martin forderte die israelische Regierung am Mittwoch auf, das Schiff nicht zu blockieren. Israel hat angekündigt, auch dieses Schiff zu stoppen

Israel begann unterdessen damit, die ersten Hilfsgüter der Solidaritätsflotte in den Gazastreifen zu bringen. Ein Armeesprecher sagte, dass zehn Lastwagen zum Grenzübergang Kerem Schalom unterwegs wären. Ihre Ladung: Medikamente, Nahrungsmittel, Rollstühle und Kinderspielzeug. (dpa/AFP)

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