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Politik: UN-Mission im Streit mit sich selbst: Schwere Vorwürfe gegen Vorgesetzte

Der arrogante Führungsstil hochrangiger UN-Mitarbeiter gefährdet die demokratische Entwicklung und den Erfolg der Friedensmission in Ost-Timor. Dies ist der Tenor einer Protestnote, die von verärgerten UN-Bezirkschefs verfasst wurde.

Der arrogante Führungsstil hochrangiger UN-Mitarbeiter gefährdet die demokratische Entwicklung und den Erfolg der Friedensmission in Ost-Timor. Dies ist der Tenor einer Protestnote, die von verärgerten UN-Bezirkschefs verfasst wurde.

"Wir beklagen, dass wir kaum konsultiert und von den Entscheidungen der UN-Hauptverwaltung in Dili ausgeschlossen werden", heißt es in dem Schreiben, "somit finden Probleme und Interessen der Ost-Timorer dort kein Gehör."

Nachdem die UNO im vergangenen Oktober die Kontrolle in Ost-Timor übernommen hatte, teilte sie die Inselhälfte in 13 Verwaltungsbezirke. Diese werden jeweils von einem Bezirkschef geleitet. Sie sollen den Wiederaufbau der Infrastruktur und Verwaltung vor Ort in möglichst enger Abstimmung mit der einheimischen Bevölkerung koordinieren.

Das Schreiben, das von allen 13 Bezirkschefs unterzeichnet und an den stellvertretenden Leiter der UN-Administration, Jean Christian Cady, adressiert wurde, skizziert in bitterem Ton eine UN-Mission im Streit mit sich selbst. Sie scheint zerrissen zwischen engagierten Mitarbeitern in den Kommunen und selbstherrlichen Planern im UN-Hauptquartier in Dili.

Erstmals protestierten in dem Brief UN-Angestellte gemeinsam mit Vertretern der politischen Führung der Ost-Timorer. Sie tadeln vor allem die schleppende Bildung von Beratungsgremien, in denen sich beide Seiten gleichberechtigt über zukünftige Vorhaben abstimmen. Die Ankündigung, Ost-Timoresen als stellvertretende Verwaltungschefs in den Bezirken zu berufen, werde zudem kaum umgesetzt.

Es nütze auch wenig, die Forderungen der internationalen Staatengemeinschaft mit symbolhaften Handlungen zu befriedigen und einige Ost-Timorer mit leitenden Posten in der UN-Verwaltung zu versorgen, wenn nicht insgesamt eine breite Integration der einheimischen Bevölkerung angestrebt werde. Der Protestbrief ist der zweite scharfe Angriff auf die UN-Übergangsverwaltung in Ost-Timor innerhalb weniger Wochen. Zuvor hatte sich bereits der oberste Verwaltungschef, Jarat Chopra, bei seinem spektakulären Rücktritt im April über die andauernde Einmischung und Beeinflussung seiner Arbeit durch hochrangige UN-Mitarbeiter in Dili beschwert. Chopra, amerikanischer Rechtsprofessor und Architekt des Verwaltungsaufbaus in Ost-Timor, beschuldigte die UN-Bürokraten, die Zukunft des Landes hinter ihre eigene Karriere-Entwicklung zu stellen. Er kritisierte seine ehemaligen Kollegen, nachdem er den Posten als Chef der UN-Hauptverwaltung in Dili bereits nach vier Monaten offenbar aus Frustration gekündigt hatte. Er glaube, viele UN-Abteilungsleiter fühlten sich dem Geist der Mission nicht verpflichtet.

Ihr Ziel sei es, sich in der Hierachie der Weltorganisation durch diesen Einsatz möglichst hoch zu dienen. Auch werde der UN-Administrator Sergio Vieira de Mello offenbar durch seine Beamten von Entscheidungsprozessen isoliert und sei über die Zustände unzureichend informiert. Vieira de Mello weist diese Vorwürfe zurück.

Chopra plädiert dafür, dass die Ost-Timorer möglichst schnell die volle Souveränität über ihr Land erhalten und drängt auf rasche Parlamentswahlen. Das Experiment einer UN-Übergangsverwaltung sei fehlgeschlagen, da die Interessen der Ost-Timorer weniger zählten als die Eigeninteressen der UN-Bürokratie.

Michael Streck

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