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UN-Mission: Immer mehr zivile Opfer in Afghanistan

Kurz vor dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan erreicht die Zahl der zivilen Todesopfer einen neuen Rekordstand: 1462 Menschen wurden im ersten Halbjahr 2011 getötet.

Wenige Tage vor dem offiziellen Beginn des Abzugs der internationalen Truppen vom Hindukusch ist die Zahl der zivilen Todesopfer in Afghanistan auf einen neuen Höchststand seit 2001 gestiegen. Im ersten Halbjahr 2011 seien 15 Prozent mehr Zivilisten getötet worden als im Vorjahreszeitraum, teilte die UN-Mission in Afghanistan am Donnerstag mit. Für 80 Prozent der 1462 Todesfälle seien die Aufständischen verantwortlich, 14 Prozent müssten der Nato und der afghanischen Armee zugeschrieben werden. In der kommenden Woche sollen die ersten drei Provinzen und vier Städte an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben werden.

„Da der Konflikt sich in den traditionellen Kampfgebieten im Süden und Südosten intensivierte und sich auf Bezirke im Westen und Norden ausdehnte, hat der Schutz der Zivilisten eine Abwärtsspirale erlebt“, erklärte die UN-Mission Unama. Mit der absehbaren Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Armee habe die Gewalt zugenommen, da die Aufständischen beweisen wollten, dass die afghanische Armee allein nicht fähig sei, die Sicherheit zu gewährleisten.

Nach Angaben der Unama wurden seit Beginn des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan 2001 noch nie so viele Zivilisten binnen sechs Monaten getötet. In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres starben demnach 1271 Zivilisten; mit insgesamt 2777 getöteten Zivilisten wurde 2010 der bisherige Höchststand erreicht. Etwa die Hälfte der zivilen Opfer kam laut Unama in den ersten sechs Monaten 2011 durch Bombenanschläge ums Leben. Doch auch die Zahl der Opfer bei Kämpfen zwischen Aufständischen und der Armee sei gestiegen. Außerdem habe es mehr zivile Tote bei Nato-Luftangriffen gegeben. Sechs Prozent der Opfer konnten keiner der Konfliktparteien zugeordnet werden. Der bislang tödlichste Monat des Jahres war der Mai mit 368 zivilen Todesopfern.

Am Donnerstagmorgen wurden in der ostafghanischen Provinz Chost bei einem Nato-Einsatz sechs afghanische Zivilisten getötet, wie ein Sprecher der Provinzregierung sagte. Ein Lehrer, ein Student und ein Mädchen seien unter den Toten. Die Nato-geführte Truppe Isaf erklärte ihrerseits, sie habe bei einer gemeinsamen Razzia mit der afghanischen Armee in einem Vorort von Chost sechs Aufständische getötet, die das Feuer auf die Soldaten eröffnet hätten.

In Kandahar starben bei einem Selbstmordanschlag auf den Trauergottesdienst für einen Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai am Donnerstag mindestens vier Menschen. Der Staatschef nahm einem Sprecher zufolge nicht an dem Gottesdienst für Ahmed Wali Karsai teil, der am Dienstag von einem Leibwächter erschossen worden war. Unter den Toten sind nach Angaben des Innenministeriums in Kabul ein hoher Geistlicher und ein Kind. Mindestens 15 Menschen seien bei dem Anschlag verletzt worden. Zahlreiche Minister aus Kabul und Angehörige Karsais besuchten den Gottesdienst. „Nach unseren bisherigen Informationen wurde niemand aus der Kabuler Delegation verletzt“, sagte Präsidialamtssprecher Waheed Omer. Der Attentäter hatte den Sprengstoff anscheinend in seinem Turban versteckt. (AFP/rtr/Tsp)

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