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Politik: UN: Sicherheitslage in Afghanistan deutlich schlechter

Union warnt vor deutschem Einsatz in Provinzen / Grüne gegen erweiterte Mission bei offenem Widerspruch regionaler Führer

Berlin (lem/dpa). Der UNSicherheitsrat ist sehr beunruhigt über die zunehmenden Übergriffe auf die Internationalen Sicherheitskräfte (Isaf) und humanitäre Helfer in Afghanistan. In einer offiziellen Erklärung betonte das höchste UN-Gremium am Dienstagabend in New York, dass die Sicherheitslage in den Provinzen dringend verbessert und der Einfluss der Regierung in Kabul stärker auf das ganze Land ausgedehnt werden müsse. Die Instabilität des Landes bedrohe die Bemühungen um einen Wiederaufbau und könnte auch die bislang erzielten Fortschritte zunichte machen, sagte UN-Vize-Generalsekretär Jean-Marie Guehenno.

In der Union wächst unterdessen die Skepsis gegenüber einer Ausweitung des deutschen Engagements. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt (CSU), sagte dem „Kölner Stadtanzeiger“ zu der möglichen Mission in der Provinz Herat: „Der Einsatz des geplanten Wiederaufbauteams wird immer fraglicher. Wenn ein deutscher General von der Zustimmung eines Provinzfürsten abhängig ist, dessen wahre Beweggründe er nicht kennt, sollten alle Alarmglocken klingen.“ Der CSU-Politiker reagierte auf Äußerungen des Provinzgouverneurs von Herat, Ismail Khan. Dieser hatte im ZDF erklärt, die Anwesenheit deutscher Soldaten werde die Lage in Herat und Umgebung destabilisieren. Khan sagte: „Wir brauchen hier keine deutschen Soldaten. Ich kann ihre Sicherheit nicht garantieren.“ Der proiranische ehemalige Mudschahedinführer Khan ist der unangefochtene Herrscher von Herat. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge arbeiten für Khan zwischen 8000 und 35 000 Polizisten und Soldaten.

Derzeit ist ein deutsches Erkundungsteam in Herat unterwegs, um die Lage zu analysieren. Untersucht werden soll auch die Möglichkeit eines Einsatzes in Charikar nördlich von Kabul. Das Verteidigungsministerium reagierte zurückhaltend auf die Aussagen Khans. Das Erkundungsteam habe die Warnungen des Gouverneurs vernommen. Dem team solle aber die Möglichkeit gegeben werden, die Lage zu analysieren. „Wir werden eine Entscheidung nach der Rückkehr des Teams auf Grundlage der Empfehlung des leitenden Generals fällen“, sagte ein Sprecher in Berlin. Die Delegation wird Ende dieser Woche zurückerwartet.

Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Windfried Nachtwei, äußerte sich skeptisch. „Notwendige Voraussetzung für einen solchen Einsatz ist, dass es zumindest keinen offenen Widerspruch solcher Provinzfürsten gibt“, sagte er dem Tagesspiegel. Sollten Khans Äußerungen sich durch den Bericht des Erkundungsteams bestätigen, sehe er wenig Möglichkeiten für eine erweiterte Mission. Zudem deckten sich auch die ihm bislang bereits bekannten deutschen Einschätzungen mit denen der UN. Auch deutsche Berichte gingen von einer „erheblich verschärften“ Situation aus.

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