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Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad während seiner Rede.

© dpa

UN-Vollversammlung: Ein letzter Hieb gegen Israel

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat vor der UN-Vollversammlung gesprochen und gegen die bestehende Weltordnung und Israel gewettert - der große Eklat wie bei den vergangenen Versammlungen blieb aber aus. In Interviews gab er sich weniger zahm.

Der Präsident der islamischen Republik Iran sitzt kerzengerade in dem überdimensionierten Stuhl, er wartet einige Sekunden ab, so verlangt es das Protokoll der Vereinten Nationen. Dann steht er auf und schreitet zum Pult.

Mahmud Ahmadinedschad mustert mit verkniffenen Augen das weite Rund der Uno-Vollversammlung in New York, dann legt er los: Willkommen zur letzten Ausgabe einer bizarren Show, in der Ahmadinedschad seit seinem ersten Besuch bei der Uno im Jahr 2005 den Schurken gibt. Seine hasserfüllten Reden gegen Israel und den Westen vor der Vollversammlung sorgten regelmäßig für Entsetzen. Ahmadinedschad machte sich so selbst zum Schmuddelkind  unter den Präsidenten und Premierminister dieser Welt.

In seinem finalen Auftritt holt Ahmadinedschad noch einmal aus zum Schlag gegen Israel aus. Er beschuldigt die „unzivilisierten Zionisten“ – er meint Israel – einen Angriff gegen sein Land zu planen. Tatsächlich erwägt Israel eine Intervention, um Irans berüchtigtes Atomprogramm auszuschalten.

Ahmadinedschad wettert auch gegen die bestehende Weltordnung. Er will sie durch ein neues System ablösen. Wie sieht das neue System aus? Der Mann aus Teheran schwafelt von „Vertrauen und Lieb“. Ein konkretes Konzept kann Ahmadinedschad nicht bieten. Die etwas wirre Rede plätschert so dahin, als Ahmadinedschad seine Ausführungen beendet, atmen alle auf. Denn der befürchtete Eklat bleibt aus.

Der Mann aus Teheran liefert keine seiner berüchtigten Hass-Reden ab. Vielleicht hatte die Ermahnung des Uno-Generalsekretärs Ban Ki Moon gewirkt: Der hatte Ahmadinedschad am Sonntag klar gemacht: Die Uno duldet keine weiteren Tiraden, keine Ausfälle. Vertreter westlicher Länder und Israels erschienen erst gar nicht im Uno-Plenarsaal zur Ahmadinedschad-Rede.

Blieb Ahmadinedschad in der Vollversammlung für seine Verhältnisse recht zahm, so brachte er seit seiner Ankunft am Sonntag viele New Yorker in Wallung. In Interviews schwadronierte er davon, Israel zu „eliminieren“, er stellte die Existenz des Holocaust in Frage und er hetzte gegen Schwule und Lesben: „Diese Unterstützung für die Homosexualität gibt es nur in den Herzen von knallharten Kapitalisten.“

Die Reaktion kam prompt: Das Boulevardblatt New York Post beschimpfte den Mann mit dem struppigen Bart als „Sche…ße“. Hunderte iranische Exilanten die das Warwick-Hotel belagerten, in dem Ahmadinedschad logierte, schleuderten ebenso ihre Verachtung für den Gast heraus. Sie riefen: „Geh zur Hölle, Teufel.“

Video: Mursi gegen Militärintervention in Syrien

Zum Auftakt der nächsten Uno-Vollversammlung 2013 wird Ahmadinedschad kein Präsident der islamischen Republik mehr sein – dann wird ein anderer iransicher Präsident seinen Auftritt in New York haben. Kaum jemand bei den Vereinten Nationen oder auf den Straßen New Yorks dürfte Ahmadinedschad eine Träne nachweinen.

Kurz nach Ahmadinedschad ergriff Ägyptens neuer Präsident Mohammed Mursi das Wort. Auch er griff Israel an. Der jüdische Staat verweigere den Palästinensern, einen eigenen Staat zu gründen, beklagte Mursi. Der gemäßigte islamistische Präsident Ägyptens verurteilte den anhaltenden israelischen Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten als "schändlich". Ahmadinedschad dürfte die Israel-Schelte des Ägypters mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen haben.

Jan Dirk Hebermann

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