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Politik: Unerwünschtes Angebot

Weißrussland will dem Kyoto-Protokoll beitreten – doch Deutschland stimmt dem vorerst nicht zu

Berlin - Eigentlich müsste es doch eine gute Nachricht sein, wenn ein Staat freiwillig anbietet, dem Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz beizutreten und seinen Ausstoß an Treibhausgasen zu reduzieren. Wenn dieser Staat allerdings Weißrussland heißt, bringt das Probleme mit sich. Die frühere Sowjetrepublik, die vom Präsidenten Alexander Lukaschenko diktatorisch geführt wird, ist der Paria Europas. Sämtliche EU-Staaten haben ihre diplomatischen Beziehungen zu Weißrussland abgebrochen. Lukaschenko selbst hat ein Einreiseverbot in die Union.

Doch ungeachtet dieser diplomatisch heiklen Lage entschied der UN-Klimagipfel in Nairobi Mitte November, Weißrussland als sogenannten Annex-B-Staat ins Kyoto-Protokoll aufzunehmen. Annex-BStaaten sind solche, die sich verpflichten, ihren Ausstoß an Treibhausgasen zu reduzieren. Im Gegensatz zu Entwicklungsländern, die zwar unter dem Klimawandel zu leiden, ihn aber nicht verursacht haben, und deshalb keine Reduktionsverpflichtungen übernehmen mussten. Damit Weißrussland tatsächlich ein vollwertiges Mitglied wird, müssen jedoch die 168 Kyoto-Staaten der Aufnahme zustimmen und den in Nairobi beschlossenen Zusatz ratifizieren.

Deutschland wird diese Ratifizierung nach Auskunft des Umweltministeriums auf absehbare Zeit nicht auf die Tagesordnung des Bundestages setzen. Man wolle erst einmal abwarten, „was andere Staaten tun“, sagte ein Sprecher des Ministeriums dem Tagesspiegel. Allerdings – zumindest offiziell – nicht wegen der Schwierigkeiten mit Weißrussland, sondern aus sachlichen Gründen.

Die gibt es nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace: Weißrusslands Wirtschaft ist wie die Russlands, Polens oder der DDR nach der Wende 1990 zusammengebrochen. 1990 ist aber das Basisjahr des Kyoto-Protokolls. Emissionsminderungen werden im Vergleich zu 1990 verlangt. Das würde nach Berechnungen von Greenpeace bedeuten, dass Weißrussland rund 50 Millionen Tonnen sogenannter heißer Luft mit ins Klimaschutzabkommen bringen würde. Als heiße Luft werden die Emissionen bezeichnet, die nicht aktiv gemindert werden müssen, sondern durch den Zusammenbruch der Wirtschaft gar nicht erst angefallen sind. Weißrussland hofft aber, dass europäische Staaten, die massive Schwierigkeiten haben, ihre Kyoto-Ziele einzuhalten, diese heiße Luft kaufen könnten. Außerdem käme Weißrussland in den Genuss der sogenannten gemeinsamen Erfüllung. Diese Joint Implementation (JI) ist einer der Kyoto-Mechanismen, die es Firmen oder Industriestaaten erlauben, ihre Klimaschutzziele anderswo zu erreichen.

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