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Ein Klassenraum der Schule in Syrien, die bei dem Angriff zerstört wurde.

© AFP

Unicef zu Angriff auf Schule: "Grausames Sinnbild für Entfesselung der Gewalt in Syrien"

Bei einem Angriff auf eine Schule sind offenbar wieder Dutzende Kinder getötet worden. Unicef Deutschland fragt: Wann übersetzt die Welt ihr Entsetzen in den Entschluss, diese Tragödie zu beenden?

Bei dem Luftangriff auf das syrische Idlib südlich von Aleppo wurden am Mittwoch offenbar 22 Schüler und sechs Lehrer getötet. Bestätigen sich die Meldungen, wäre dies der Angriff auf eine Schule mit den meisten Todesopfern – jedoch bei weitem nicht der erste. Mitte Oktober waren bei zwei verschiedenen Angriffen in Aleppo und Daraa insgesamt neun Grundschüler getötet und 18 weitere verletzt worden. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien vor fünf Jahren hat Unicef eigenen Angaben zufolge mehr als 4000 Attacken auf Schulen gezählt, obwohl Bildungseinrichtungen ebenso wie Krankenhäuser gemäß internationalem Recht unter besonderem Schutz stehen. Der Geschäftsführer von Unicef Deutschland schreibt dazu:

"Am Himmel: die stärkste, mächtigste, tödlichste Konzentration militärischer Gewalt, die derzeit weltweit zu finden ist. Flugzeuge, Hubschrauber, Bomben, Geschosse, die niemand mehr zählen kann. Der Tod kann jederzeit kommen. Die Angst der Menschen, die es immer noch in den umkämpften Städten Syriens aushalten – aushalten müssen -,ist allgegenwärtig.

Am Boden: eine Schule in Idlib, 75 Kilometer südwestlich von Aleppo. Die mutigen Lehrer, die noch da sind, verteidigen mit ihrem Unterricht ein wenig von dem, was an eine normale Kindheit erinnert.  Mädchen und Jungen lernen Rechnen, Schreiben. Vielleicht singen sie. Oder haben gerade eine Pause, um zu spielen. Wie viele träumen vom Frieden?  Wie viel Hoffnung liegt in dem Bild eines Klassenzimmers inmitten des größten Schlachtfeldes unserer Tage? Gestern ist für 22 dieser Kinder und sechs ihrer Lehrer die Schule zum Grab geworden. Der Ort, an dem sie besonders geschützt, besonders froh, besonders zuversichtlich sein sollten. Offenbar wurde ihre Schule mehrfach aus der Luft angegriffen.

Was für ein grausames Sinnbild für die völlige Entfesselung der Gewalt und die Rücksichtslosigkeit in diesem Krieg. Es ist schrecklich genug, dass die Kriegsparteien schon längst keine Rücksicht mehr auf Zivilisten und damit auf die Kinder nehmen. Es ist entsetzlich, dass die Liste der bombardierten Krankenhäuser, Gesundheitsstationen, Schulen von Woche zu Woche länger und länger wird.

Christian Schneider ist Geschäftsführer von Unicef Deutschland.
Christian Schneider ist Geschäftsführer von Unicef Deutschland.

© picture alliance / dpa

Wenn jemand den Befehl zu einem gezielten Angriff auf die lernenden Kinder gab, ist dies ein erneutes, furchtbares Kriegsverbrechen, für das die Täter zur Verantwortung gezogen werden müssen. Schon deshalb und vor allem für die Würde der Opfer müssen wir es dokumentieren. Die Welt darf keines dieser Verbrechen vergessen. Können wir uns überhaupt vorstellen, bewusst eine tödliche Attacke auf ein Haus voller Kinder anzuordnen, die tödliche Fracht auf eine Schule hin zu dirigieren? Unfassbar.

Die Kinder und ihre Lehrer, die sich mit dem Schulunterricht trotzig an ihre Idee eines „Danach“, an die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft in ihrer Heimat geklammert haben, können dieses Morgen nicht mehr erleben. Für ihre Angehörigen spielt es keine Rolle, dass dies vermutlich der bisher schlimmste Angriff auf eine Schule in fünf Kriegsjahren war. Sie haben ihre Kinder, ihren Mann, ihre Frau für immer verloren.

Wir trauern mit ihnen. Und fragen: Wann übersetzt die Welt ihr Entsetzen über die Ermordung unschuldiger Kinder in den Entschluss diese Tragödie zu beenden?"

Der Autor ist Geschäftsführer von Unicef Deutschland.

Christian Schneider

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