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Politik: Union: Griff nach Goldreserve überlegenswert

Der Vorschlag von SPD-Vorstandsmitglied Scheer, die deutschen Gold- und Devisenreserven teilweise aufzulösen, um damit beschäftigungswirksame Zukunftsprojekte zu finanzieren, hat bei den Grünen zunächst eine reservierte Reaktion hervorgerufen. Bei der Union wird der Vorstoß Scheers für durchaus "überlegenswert" gehalten.

Der Vorschlag von SPD-Vorstandsmitglied Scheer, die deutschen Gold- und Devisenreserven teilweise aufzulösen, um damit beschäftigungswirksame Zukunftsprojekte zu finanzieren, hat bei den Grünen zunächst eine reservierte Reaktion hervorgerufen. Bei der Union wird der Vorstoß Scheers für durchaus "überlegenswert" gehalten. Scheer hat in einem Brief an den SPD-Parteivorstand vorgeschlagen, mit Erlösen aus den Gold- und Devisenreserven Zukunftsinvestionen zu finanzieren. So werde der Sparkurs von Finanzminister Eichel (SPD) nicht gefährdet.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Christine Scheel, sagte dem Tagesspiegel: "Wenn es finanzielle Spielräume gibt, dann sollte man sie nutzen." Scheel warnte aber vor übertriebenen Erwartungen. Entscheidungen über die Verwendung der Reserven könnten nur im europäischen Kontext getroffen werden. Für eine Diskussion über rasch wirksame Investitionsprogramme zur Ankurbelung der deutschen Konjunktur taugten die Reserven nicht.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Hans-Peter Repnik (CDU), sagte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, der Vorstoß Scheers zeige, dass die SPD-Bundestagsfraktion "zu Recht" nervös werde. In der Sache aber äußerte er sich positiv: "Angesichts wegbrechender Investitions- und Forschungshaushalte ist nicht eine Politik der ruhigen Kanzlerhand, sondern kreative Gestaltung gefragt." Der CDU-Politiker fügte hinzu, "mit der gebotenen Sensibilität" sei es deshalb "überlegenswert, ob nicht mehr notwendige Goldreserven in nachhaltige zukunftsweisende Projekte eingebracht werden" könnten. "Eine solche Aktion, eingebettet in die Stabilitätspolitik der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank könnte Mittel für einen Zukunftsfonds freigeben, der die erstarrten Strukturen aufbricht."

Auch Währungsexperten wie Rüdiger Pohl, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts IWH in Halle, hatten Scheers Vorstoß unterstützt. Pohl hatte aber auch vor einem vorschnellen Griff nach den Reserven gewarnt. Wenn Politiker wegen Haushaltsnotlagen die Auflösung der Währungs- und Goldreserven verlangten, dann sei das ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB): "Das gefährdet den Euro." Der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Klaus Friedrich, sprach sich für eine "Nutzung der Reserve für Investitionen und Schuldenabbau" aus, nannte den Zeitpunkt des Vorschlags aber ungünstig. Wenn die Finanzlage der öffentlichen Haushalte angespannt ist, dann sei der Griff nach dem Gold "sehr gefährlich", weil der Finanzminister Gefahr laufe, mit dem Volksvermögen Konsum zu finanzieren, so Friedrich.

Eichel selbst hatte im Tagesspiegel am Sonntag bekräftigt, er wolle das Etatdefizit bis 2006 auf Null zu senken. Die öffentliche Verschuldung solle bis 2012 von jetzt 60 auf 40 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Der Etatexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Dieter Vesper, glaubt nicht, dass Eichel diese Ziele erreicht: Er rechne mit einem Wirtschaftswachstum von lediglich einem Prozent für 2002 und zwei Prozent für 2003, sagte Vesper dem Kölner "Sonntag-Express".

Asi, M.m., psi

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