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Politik: Union: Wahl entscheidet auch über Türkei

Wird EU-Beitritt zum zentralen Thema 2006? / Grüne sprechen von Brandstiftung

Wenige Tage vor der Entscheidung der EU über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verschärft sich der Streit zwischen Regierung und Union über die Türkei-Politik. CDU und CSU bekräftigten am Montag ihre Absicht, bei einem Wahlsieg 2006 darauf hinzuarbeiten, dass die Türkei kein EU-Mitglied wird. Die Verhandlungen könnten nach einer Regierungsübernahme durch die Union modifiziert werden, sagte CDU-Chefin Angela Merkel. Auch überlegte die Union, den EU-Beitritt zum Wahlkampfthema zu machen. Nach Aussage von CSU-Generalsekretär Markus Söder wird die Türkei-Frage sogar „im absoluten Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung stehen“.

In einem Antrag, der dem Bundestag diese Woche vorgelegt werden soll, weist die Union auf „erhebliche Sicherheitsrisiken“ im Falle eines Beitritts der Türkei hin. Umgekehrt warnte die Bundesregierung davor, mit einer Türkei-Debatte gesellschaftlichen Unfrieden zu stiften. Es wäre außerordentlich bedenklich, wenn die Beitrittsverhandlungen dazu genutzt würden, Ressentiments zu schüren, sagte ein Regierungssprecher. Grünen-Chefin Claudia Roth warf der Union vor, sich „innenpolitisch als Brandstifter“ zu betätigen. Den Antrag nannte sie „politische Hetze, hysterisch und schamlos“. Der außenpolitische Sprecher der SPD- Fraktion, Gert Weisskirchen, sagte, die Union wolle offenbar das Selbstbild Deutschlands verändern: „Das Selbstbild Deutschlands soll ein völkisches werden.“

Der europapolitische Sprecher der Union, Peter Hintze, betonte dagegen, die Türkei-Politik sei „eines der großen Unterscheidungsthemen zwischen der Union und Rot-Grün“ und werde im Wahlkampf „eine wichtige Rolle spielen“. Der EU-Beitritt der Türkei sei eine „Schicksalsfrage für Deutschland. Die Wähler haben ein Recht, darüber zu entscheiden.“ FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sagte zwar der „Tageszeitung“, dass ergebnisoffene Gespräche mit der Türkei auch zu einer privilegierten Partnerschaft des Landes führen könnten. Er stellte aber klar, dass die FDP in einer Koalitionsregierung einmal getroffene EU-Beschlüsse nicht mehr rückgängig machen würde.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Freitag in Brüssel über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entscheiden. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte erneut, das Ziel der Verhandlungen zwischen EU und Türkei sei ein Beitritt. Allerdings würden die Verhandlungen sehr lange dauern und mit offenem Ergebnis geführt.

Auch unter den 25 EU-Mitgliedstaaten nehmen die Spannungen in dieser Frage zu, so dass die EU-Außenminister in einem Klima wachsenden Widerstands den Gipfel in Brüssel vorbereiten. Österreich, Frankreich und Dänemark bestehen darauf, dass klar gemacht wird, dass die Verhandlungen lange dauern werden und ein Scheitern in Betracht gezogen werden muss. Umstritten ist, ob neben dem Ziel der Vollmitgliedschaft ausdrücklich Alternativen wie die „privilegierte Partnerschaft“ in der Gipfelerklärung genannt werden sollen.Dass die Regierungschefs aber das Startsignal für die Beitrittsgespräche geben werden, gilt als sicher. Außenminister Joschka Fischer forderte, ein festes Datum für den Beginn der Beitrittsgespräche zu nennen.

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