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Politik: Union wird die Ost-Debatte nicht los

Ministerpräsident Oettinger: Linke und Mutlose dürfen Wahl nicht entscheiden / Protest aus Thüringen

Von
  • Sabine Beikler
  • Matthias Schlegel

Berlin - Nach CSU-Chef Edmund Stoiber gerät auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) mit einer Äußerung über Ostdeutschland in die Kritik. Auf einer Wahlveranstaltung in Pforzheim sagte Oettinger am Freitag vergangener Woche: „Die Linken und die Mutlosen im Osten Deutschlands dürfen nicht entscheiden, wie Deutschland regiert wird.“ Der Generalsekretär der Südwest-CDU, Thomas Strobl, bestätigte die Äußerungen Oettingers, betonte aber, der Ministerpräsident habe damit ausdrücklich „die Reformverweigerer der Linkspartei“ angesprochen. Strobl forderte zugleich eine schnelle Rückkehr der CDU zu den Kernthemen des Wahlkampfs. „Wir müssen uns schnell wieder den eigentlichen Themen zuwenden, die die Menschen bewegen: Arbeitsmarkt, Wirtschaft und die Reform der sozialen Sicherungssysteme“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel.

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel hatte sich am Donnerstagabend im ZDF deutlich von Stoibers Äußerung distanziert – obwohl dieser zuvor in der „Bild“-Zeitung versichert hatte, seine Worte seien „missgedeutet“ worden. Stoiber hatte bei einem Wahlkampfauftritt gesagt, er akzeptiere nicht, „dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird“. Nach dem Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel dürfen Union und FDP weiter eine knappe Mehrheit erwarten.

Trotz des offenkundigen Bemühens der Unionsspitze, die Wogen zu glätten, ging unter ostdeutschen CDU-Politikern die Diskussion um Stoiber weiter. Der thüringische CDU-Generalsekretär Mike Mohring sagte der Agentur Reuters: „Indem man die Leute verprügelt, werden sie mit Sicherheit nicht uns das Vertrauen schenken.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer sprach von einer missdeutbaren und unglücklichen Formulierung, wie sie im Wahlkampf auf einem Marktplatz nun mal vorkomme. Der Chef der brandenburgischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Stübgen, nannte die Äußerungen wenig nützlich.

Auch die Grünen rügten Stoiber. Verbraucherministerin Renate Künast forderte Merkel im Gespräch mit dem Tagesspiegel auf klarzustellen, „ob die Einlassungen von Herrn Stoiber in ihrem Wahlkampf weiterhin relevant sind, oder ob Herr Stoiber aus der Wahlkampfmannschaft entlassen ist“. Stoiber habe mit seiner Äußerung mangelndes Demokratieverständnis gezeigt. „Für ihn gibt es offenbar nur dann freie Wahlen, wenn er selbst gewählt wird.“

Der Bundestagsabgeordnete Werner Schulz nannte Stoibers Aussage „knallig daneben“. Er fügte aber hinzu, dass „etliche andere“ den Osten ebenfalls „pauschal in die Pfanne“ hauen würden. Auch in seiner eigenen Partei sehe er Defizite im Verständnis der Probleme im Osten. Schulz, der von seiner eigenen Partei nicht mehr für einen aussichtsreichen Listenplatz aufgestellt wurde, riet seiner Partei und auch der CDU, auch Möglichkeiten für eine schwarz-grüne Koalition im Bund zu sondieren: „In Zukunft brauchen wir strategischen Spielraum.“

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