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Uno: Strafgerichtshof klagt kongolesischen Milizenchef an

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wird zum ersten Mal einem mutmaßlichen Kriegsverbrecher den Prozess machen. Dabei handelt es sich um den früheren kongolesischen Milizenführer Lubanga.

Den Haag - Das zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegründete Tribunal entschied sich für die Erhebung einer Anklage gegen den ehemaligen kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga, wie der Richter Claude Jorda erklärte. Lubanga ist der Gründer der in der östlichen kongolesischen Region Ituri aktiven Miliz Union der Kongolesischen Patrioten (UPC). Er soll mit Zwang Kindersoldaten rekrutiert haben.

Der Prozess gegen Lubanga ist der erste des im Juli 2002 gegründeten Internationalen Strafgerichtshofs. Ein Termin für den Beginn des Verfahrens wurde noch nicht bekannt gegeben. Der in eine traditionelle grüne Robe seiner Heimat gekleidete Angeklagte nahm die Entscheidung im Gerichtssaal äußerlich gelassen auf. Der 46-Jährige war im März 2005 festgenommen und ein Jahr später an den IStGH ausgeliefert worden.

Lubanga streitet alle Vorwürfe ab

Lubanga hatte die UPC 2002 mit Unterstützung Ugandas gegründet, erhielt später aber von Ruanda Rückendeckung. Er und seine Anhänger gehören dem Hema-Volk an, das sich Kämpfe mit der Ethnie der Lendu lieferte. Beide Volksgruppen stellen etwa 40 Prozent der Bevölkerung in der Region Ituri. Unter Lubangas Führung soll die UPC ethnisch motivierte Massaker an den Lendu verübt haben und, so lautet der Vorwurf des IStGH, Kinder jünger als 15 Jahre rekrutiert und zum Kämpfen gezwungen haben. Der einstige Rebellenchef streitet alle Vorwürfe ab.

Der UPC-Führer verließ die größte Stadt in Ituri, Bunia, kurz nach Eintreffen der EU-Soldaten der "Artemis"-Friedensmission im Juni 2003. Dann tauchte er in Kinshasa auf, wo er wie andere Milizenchefs im Gegenzug für eine Entwaffung in den Generalsrang der offiziellen kongolesischen Armee befördert werden sollte. Nach dem Tod von neun UN-Blauhelmsoldaten bei Kämpfen in Ituri wurde er von kongolesischen Sicherheitskräften festgenommen.

Einsatz von "Kindersoldaten" gilt als Kriegsverbrechen

Die Kinderhilfsorganisation terre des hommes begrüßte die Entscheidung des IStGH. Das sei ein "ganz wichtiger Schritt auf dem langen Weg gegen die bisher bestehende Straffreiheit von Kriegsverbrechen, die Kinder als Soldaten missbrauchen", erklärte ein Vertreter der Organisation, Peter Ralf Willinger. Völkerrechtlich sind die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern unter 15 Jahren als Soldaten als Kriegsverbrechen geächtet, allerdings kann der IStGH nur eingreifen, wenn sich der jeweilige Staat der Jurisdiktion des Gerichtes unterworfen hat. Dies ist bisher bei 104 Staaten der Fall - darunter auch Kongo.

Der IStGH ist das erste auf Dauer eingerichtete UN-Tribunal. Zu den Verbrechen, die vom ihm geahndet werden können, zählen Sklaverei, Folter, Vergewaltigung, Verfolgung aus rassischen, ethnischen oder religiösen Motiven, Deportation und Rassentrennung. Auf Betreiben unter anderem der Vereinigten Staaten wurden die Befugnisse des internationalen Gerichts allerdings beschränkt: So darf es ein Verfahren nur einleiten, wenn der Straftatbestand von den nationalen Gerichten eines Landes nicht hinreichend verfolgt wird oder verfolgt werden kann. Zudem kann es nicht rückwirkend aktiv werden, das heißt, es können nur Straftaten geahndet werden, die nach dem 1. Juli 2002 begangen wurden. (tso/AFP)

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