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Gekapert. Der französische Fernsehsender TV5 Monde wurde zum Ziel eines Hackerangriffs, für den vermutlich der "Islamische Staat" verantwortlich ist.

© AFP

Islamischer Staat: "Unsere Medien können leicht zum Ziel von Hackerangriffen werden"

Mutmaßliche islamistische Täter haben den französischen Fernsehsender TV Monde lahmgelegt. Nach der Auffassung des französischen Anti-Terror-Experten Alain Chouet ist dies auch ein Ausdruck einer zunehmenden militärischen Schwächung des "Islamischen Staats".

Herr Chouet, Hacker haben stundenlang den Sendebetrieb des französischen Fernsehsenders TV5 Monde lahmgelegt. Im Internet-Auftritt des Senders war der Slogan „Ich bin IS“ zu lesen. Steckt tatsächlich der „Islamische Staat“ hinter der Attacke?
Das müssen die Ermittlungen zeigen. Fest steht aber, dass der „Islamische Staat“ über die technischen und menschlichen Ressourcen verfügt, um einen solchen Angriff auszuführen. Dabei ist das Ziel mit Bedacht ausgewählt: Der Sender TV5 Monde erreicht zwar nicht das ganz große Publikum – aber weil er weltweit ausgestrahlt wird, symbolisiert er den Einfluss Frankreichs in der Welt.

Kann man vermuten, dass der Cyber-Angriff eher vom Nahen Osten aus ausgeführt wurde?
Derzeit lässt sich nicht sagen, ob Täter in Frankreich oder anderswo für den Angriff verantwortlich sind. In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, in denen die Urheber von dschihadistischer Internet-Propaganda auf der arabischen Halbinsel zu finden waren. Es ist sogar denkbar, dass die Attacke vom Norden des Irak oder vom Nordosten Syriens aus geführt wurde. Allerdings halte ich dies für eher unwahrscheinlich.

Falls der „Islamische Staat“ tatsächlich für den Cyber-Angriff verantwortlich ist, stellt sich die Frage, in wie weit die Hacker zum harten Kern der Dschihadisten gehören.

Terrororganisationen wie die Al Qaida oder der „Islamische Staat“ folgen nicht einem hierarchischen Prinzip wie unsere europäischen Organisationen. Die Anhänger der Dschihadisten bilden ein loses Netzwerk, und sie schlagen dann zu, wann immer sich eine Gelegenheit bietet. Dabei bieten unsere Medien eine offene Flanke, weil sie leicht zum Ziel von Hackerangriffen werden können.

Deshalb will auch die französische Kulturministerin Fleur Pellerin ein Krisentreffen mit Medienvertretern abhalten.
Das ist ein richtiger Schritt. Aber das hätte man schon vor zehn Jahren machen müssen. Man wartet immer darauf, dass eine Katastrophe passiert, bevor man Gegenmaßnahmen ergreift. Zahlreiche Experten aus Sicherheitskreisen und dem IT-Bereich warnen schon seit langem davor, dass die Medienpräsenz im Internet gleichzeitig auch verwundbar macht.

Alain Chouet leitete die Abteilung für Gegenspionage, Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung beim französischen Geheimdienst DGSE. Als Autor beschäftigte er sich mit dem Islamismus.

© promo

Frankreich steht wegen des Militäreinsatzes im Irak besonders im Fokus der islamistischen Propaganda. Im vergangenen Monat veröffentlichte der „Islamische Staat“ ein Propagandavideo, in dem ein aus Frankreich stammender Junge einen angeblichen palästinensischen Spion erschießt. Wie reagiert die französische Öffentlichkeit darauf?
Unsere Gesellschaften sind widerstandsfähig genug, um sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Ich finde an der jüngsten IS-Propaganda etwas anderes bemerkenswert: Derartige Videos zeigen, dass der „Islamische Staat“ wegen der militärischen Niederlagen zunehmend darauf angewiesen ist, seine Anhänger außerhalb der Nahostregion – also auch in Europa – zu rekrutieren. Je mehr die Dschihadisten ihr weltweites propagandistisches Störpotenzial an den Tag legen, umso mehr dokumentieren sie auch gleichzeitig ihre Schwäche.

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