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Der damalige Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD) - rechts neben ihm die SPD-Abgeordnete Eva Högl..

© Reuters

Untersuchungsausschuss zu Sebastian Edathy: Grüne wollen Eva Högl nicht als Vorsitzende

Der Untersuchungsausschuss zum Fall Edathy hat sich noch nicht konstituiert, da gibt es schon erste Dissonanzen. Und zwar hinsichtlich der Besetzung. Die Grünen kritisieren die Entscheidung der SPD, ihre Innenexpertin und Vize-Fraktionschefin Eva Högl zur Vorsitzenden zu machen.

Die Sozialdemokraten hätten zwar das Vorschlagsrecht, sagte die Grünen-Obfrau im Innenausschuss und Sprecherin für innere Sicherheit, Irene Mihalic, dem Tagesspiegel. Allerdings sollten sie "in ihre Überlegungen die Frage mit einbeziehen, ob es der Aufklärung nützt, wenn der oder die Vorsitzende als Zeugin im Ausschuss in Frage kommt". Bei Högl sei dies "zumindest theoretisch nicht auszuschließen, weil sie beim parlamentarischen Untersuchungsausschuss NSU als Obfrau für die SPD eng mit Sebastian Edathy zusammengearbeitet" habe. Die designierte Ausschussvorsitzende wies diese Mutmaßung als "völlig abwegig" zurück. Sie komme "nicht als Zeugin in Betracht", sagte Högl dieser Zeitung, "sonst würde ich die Aufgabe nicht übernehmen". Zwar habe sie mit Edathy über 20 Monate eng zusammengearbeitet und kenne ihn auch aus Niedersachsen. Jedoch sei sie weder mit ihm befreundet, noch bestehe aktuell irgendein Kontakt. "Wir waren gute Kollegen, nicht mehr und nicht weniger." Sie habe sich bereits im Innenausschuss um das Thema gekümmert, betonte die 45-Jährige. Deshalb sei sie von der Fraktion darum gebeten worden, den Vorsitz zu übernehmen.

Der Untersuchungsausschuss wurde von den Grünen und Linkspartei beantragt. Er soll sich mit den Umständen um den zurückgetretenen SPD-Abgeordneten Edathy befassen, dem der Besitz von kinderpornografischem Material vorgeworfen wird. Die Affäre hatte eine Vertrauenskrise in der großen Koalition verursacht. Hans-Peter Friedrich (CSU) musste als Agrarminister zurücktreten, weil er in seiner vorherigen Funktion als Innenminister die SPD-Spitze über den Fall informiert hatte. Gegen ihn laufen inzwischen Ermittlungen wegen Geheimnisverrats.

Die Opposition will wissen, weshalb das Bundeskriminalamt (BKA) die Festplatte mit Bestellungen kinderpornografischen Materials, auf der sich auch Edathys Name befand, zwei Jahre lang unbearbeitet ließ. Zudem interessiert sie sich für die Weitergabe von Daten und Informationen an Regierungsstellen und den Beschuldigten. Und den Umgang mit einem früheren BKA-Beamten, dessen Name sich ebenfalls auf der Liste befand, möchten Grüne und Linkspartei ebenfalls näher beleuchtet haben.

Sie wolle sich bemühen, Ruhe in den Ausschuss zu bringen, betonte Högl. Es sei ihr wichtig, dass dort "alles nach Recht und Ordnung" ablaufe. Der Umstand, dass sie den Untersuchungsausschuss für unnötig halte, bedeute nicht, dass sie nicht alles daran setzen werde, die Sache „gut und sorgfältig“ aufzuklären. Sie sei auch nicht gewillt, den von der Opposition formulierten Untersuchungsauftrag „groß abzuändern oder abzuschwächen“. Jedoch sei darauf zu achten, dass der Auftrag verfassungsrechtlich einwandfrei sei. Untersuchungsausschüsse seien "ein scharfes Schwert" des Parlaments und "kein Instrument zur Profilierung einzelner Abgeordneter".

Den Fragenkomplex um den BKA-Beamten etwa nannte die SPD-Politikern heikel. Man werde zwar zu beleuchten haben, ob durch die politische Leitungsebene eventuell rechtswidrig in das Verfahren eingegriffen worden sei. In extenso allerdings könne man sich mit diesem Einzelfall im Ausschuss aus juristischen Gründen wohl kaum beschäftigen. Und die Frage, wer Edathy gewarnt habe, werde angesichts der Tatsache, dass alle 16 Landeskriminalämter sämtliche Akten erhalten hätten und es auch besonders in der niedersächsischen Polizei viele Personen gab, die hierzu Kenntnis hatten, auch sehr schwierig zu klären sein. Über die Details des Untersuchungsausschusses berät derzeit der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages. Beschlossen werden könnte er nach derzeitigem Stand in der letzten Juniwoche. Es sei allen Beteiligten wichtig, noch vor der Sommerpause zu starten, um die parlamentsfreie Zeit zur Aktenbestellung nutzen zu können, heißt es.

Bei alledem rechnet Högl damit, dass es mit den anvisierten sechs Sitzungen nicht getan sein und der Ausschuss für seine Arbeit ein Jahr benötigen werde. Über die Zahl seiner Mitglieder wird noch verhandelt. Damit die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag richtig abgebildet seien, werde sie wohl nicht sechs, wie von der Opposition angeregt, sondern acht oder 16 betragen. Im ersten Fall, der der wahrscheinlichere ist, hätte die Union vier Sitze, die SPD zwei, auf Grüne und Linkspartei entfiele jeweils einer.

Neben der Juristin Högl nominierte die SPD noch den Innenexperten und gelernten Polizeibeamte Uli Grötsch – und als Stellvertreter den Juristen Johannes Fechner und den Jugendpolitiker Sönke Rix. Für die Opposition sitzen Irene Mihalic (Grüne) und Frank Tempel (Linke) im Ausschuss, beide bringen ebenfalls Polizeierfahrungen mit. Die Union hat ihre Mitglieder noch nicht benannt.

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