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Politik: Uranmunition: Einsatz ohne Vorwarnung?

Einen "Klassenunterschied" in der Soldaten-Fürsorge hat der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, zwischen Deutschland und den USA ausgemacht. Anders als die US-Soldaten seien die 2900 Bundeswehrsoldaten des ersten Kosovo-Kontingents vor ihrem Einsatz "definitiv nicht" vor den Gefahren uranhaltiger Munition gewarnt worden.

Einen "Klassenunterschied" in der Soldaten-Fürsorge hat der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, zwischen Deutschland und den USA ausgemacht. Anders als die US-Soldaten seien die 2900 Bundeswehrsoldaten des ersten Kosovo-Kontingents vor ihrem Einsatz "definitiv nicht" vor den Gefahren uranhaltiger Munition gewarnt worden. Dies hätten seine Recherchen bei Kommandeuren ergeben, sagte Gertz dem Tagesspiegel und sprach von einem "beschämenden Befund".

Die Bundeswehr-Soldaten seien am 12. und 13. Juni 1999, also "ziemlich rasch nach dem Ende des Luftkriegs" eingerückt und somit dem größten Risiko ausgesetzt gewesen. Den Verweis von Verteidigungsminister Rudolf Scharping auf eine Warnung des Heeresführungskommandos vom 14. Juni 1999 tut Gertz als "unsachgemäß" ab. Die Warnung habe es zwar gegeben, doch als Sechs-Zeilen-Vermerk sei sie in einem 17-seitigen "Befehlskonvolut" untergegangen. Wörtlich hieß es darin: "Es ist nicht auszuschließen, dass im Kosovo Munition mit abgereichertem Uran gegen gepanzerte Ziele eingesetzt wurde, die zu einer schwachen radiologischen Verstrahlung im Zielgebiet (Umkreis 50m) führen kann." Es seien die "Bestimmungen der Strahlenschutzverordnung einzuhalten". Von Schwermetallstäuben, die beim Aufprall so genannter DU-Munition frei werden und Experten zufolge die eigentliche Gefahr darstellen, kein Wort. Gertz: "Es ging nur um Strahlung, und das hat Scharping bis heute verschwiegen."

Amerikanische Soldaten seien mit zwei dicken Handbüchern über DU-Munition ausgestattet gewesen. Gertz: "Diese Field-Manuals standen den US-Verbänden zur Verfügung und wurden auch in der Ausbildung benutzt." Die deutschen hingegen wurden laut Gertz frühestens am 5. Juli 1999, also gut drei Wochen nach ihrer Abkommandierung, über die Munition belehrt. "In der wirklich kritischen Phase", so Gertz, "hatten unsere Jungs keine Ahnung."

Im Nachhinein fordert der Verbandschef ein Verbot von DU-Munition. Es sei "unlogisch, eine humanitäre Hilfsaktion - und diese Vokabel wurde damals ganz schön strapaziert - mit einer Munition zu führen, die für dort lebende Menschen zu dauerhaften Risiken führt". Die Diskussion dürfe sich aber nicht auf die Nato beschränken. Auch Länder wie Russland verfügten wohl über solche Munition. "Und mit hoher Wahrscheinlichkeit", so Gertz, "haben sie die auch in Deutschland getestet."

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