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Urnengang: Gewalt bei Parlamentswahl in Ägypten

Die massive Polizeipräsenz in den Straßen konnte einzelne Gewaltausbrüche nicht verhindern. In mehreren Orten Südägyptens sowie in der Hafenstadt Alexandria setzten Sicherheitskräfte vor Wahllokalen Tränengas ein, um Anhänger oppositioneller Kandidaten zu vertreiben.

In Kairo wurde der Sohn eines Kandidaten erstochen, als er in der Nacht Plakate seines Vaters klebte. Ägypten hat am Sonntag seine Parlamentswahlen abgehalten. Und da das Land am Nil seit Jahrzehnten nur haushohe Siege für Präsident Hosni Mubaraks National-Demokratische Partei kennt, sind die meisten der rund 41 Millionen Wahlberechtigten lieber zu Hause geblieben. Bei den letzten Parlamentswahlen 2005 lag die Beteiligung offiziell bei 22 Prozent. Menschenrechtsgruppen schätzten das Quorum in Wahrheit auf unter 12 Prozent.

Erste offizielle Ergebnisse werden für Montag erwartet. Erstmals waren diesmal 64 Sitze für Frauen reserviert. Falls erforderlich, finden am kommenden Sonntag in einzelnen Wahlkreisen Stichwahlen statt. Ausländische Wahlbeobachter waren auch diesmal nicht zugelassen, was allen voran die amerikanische Regierung scharf kritisierte. Nach Angaben der Opposition wurden aber auch zahlreiche lokale Beobachter von Geheimdienstlern daran gehindert, die Wahllokale zu betreten und ihrer Kontrollaufgabe nachzugehen. Parlamentssprecher Fathi Surur, der zum inneren Machtzirkel in Kairo gehört, warnte Washington davor, Reformen durch mehr politischen Druck erzwingen zu wollen. Das könne in Ägypten zu einem Gottesstaat führen, sagte er. Die Nahostberater von Präsident Barack Obama dagegen halten das Argument für einen Vorwand, um die Opposition ungehindert schikanieren zu können.

In den Tagen vor der Wahl hatte es mehrfach schwere Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei gegeben. Mehr als 1000 Aktivisten waren verhaftet worden, immer wieder wurden Veranstaltungen von bewaffneten Schlägertrupps mit Gewalt gestört. Kürzlich verurteilte ein Gericht elf junge Männer zu jeweils zwei Jahren Haft, weil sie Flugblätter der Muslimbrüder verteilt und Plakate geklebt hatten. Am Wahlsonntag selbst war die Website der islamistischen Partei den ganzen Tag über blockiert. Sie ist in Ägypten offiziell verboten und tritt daher nur in 130 der insgesamt 508 Wahlkreise mit nominell unabhängigen Kandidaten an. Vor zwei Jahren konnte sie überraschend 20 Prozent der Mandate erringen. Einen solchen Erfolg will das Regime diesmal mit allen Mitteln verhindern, um 2011 möglichst unangefochten die Nachfolge des 82-jährigen Hosni Mubarak regeln zu können. Die übrigen zwei Dutzend Oppositionsparteien spielen beim Kampf um die Macht keine nennenswerte Rolle.

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