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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besucht Soldaten in Mali.

© dpa

Ursula von der Leyen in Mali: Vom Hindukusch nach Koulikoro

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besucht die Truppe in Mali. Sie hält es für machbar, dass der Einsatz ausgeweitet wird und spricht vom "Nachbarkontinent" Afrika.

Von Robert Birnbaum

Der Präsident, sagt Ursula von der Leyen, habe sich noch einmal sehr bedankt. Dazu hat Boubacar Keita allen Grund. Dass der malische Staatschef an diesem Donnerstag in seiner luftigen Residenz hoch über Bamako überhaupt Gäste empfangen kann, verdankt er auch den Deutschen. Vor etwas über einem Jahr hatten Tuareg-Rebellen im Norden seines Landes gemeinsam mit Islamisten die Macht übernommen. Die französische Legion griff ein, die afrikanische Regionalorganisation Ecowas intervenierte. Wenig später flogen erste Transall-Maschinen der Bundeswehr nach Westafrika.

Der Besuch bei den formal zwei Einsatzkontingenten fällt sozusagen noch in die Serie von Antrittsreisen der neuen Chefin bei der Truppe. Der Termin bot sich an – das Bundeskabinett hat Mittwochfrüh beschlossen, die Mission um ein Jahr zu verlängern und auszuweiten. Demnächst muss dann der Bundestag zustimmen. Daran zweifelt niemand, auch wenn es in der CSU einiges Gemurre gibt. Die Christsozialen sind generell skeptischer als andere, wenn es um deutsche Militäreinsätze geht; außerdem stehen in Bayern Kommunalwahlen an. Und bei den Bürgern ist das Verständnis dafür, dass deutsche Soldaten jetzt auch noch in Afrika unterwegs sind, sehr überschaubar.

Umso bemerkenswerter ist der Stellenwert, den dieser Mali-Einsatz in der Bundesregierung bekommt. Je länger er dauert, desto deutlicher wird das. Angekündigt hat ihn die Kanzlerin persönlich – bei der Bundeswehrtagung in Strausberg im Oktober 2012 stellte Angela Merkel Unterstützung in Aussicht. Schon damals fiel in ihrer Rede das Stichwort, das die Operation in Westafrika politisch-militärisch zum Modellfall machen soll: „Ertüchtigung.“ Ausbildung made in Germany soll mittelfristig die malische Armee und ihre Verbündeten aus dem regionalen Staatenbund Ecowas in den Stand versetzen, mit den Rebellen selbst fertigzuwerden.

Dieses Konzept war, wie so häufig, eine Mischung aus Erfahrung und Improvisation. Die Erfahrung mit der Ausbildung einheimischer Truppen stammt aus Afghanistan, die Improvisation ergab sich aus der Lage: Mit einem Ausbildungscamp fernab der Front hatte innenpolitisch nicht einmal Guido Westerwelle ein Problem. Außerdem erfuhr die Libyen-Enthaltung eine späte kleine Revision – der Aufstand in Nordmali war indirekt eine Folge des Libyenkrieges, der Islamisten und jede Menge Waffen nach Süden verschlagen hatte.

Gesteigertes Interesse an Afrika

Nebenbei ließ sich Frankreich ein Gefallen tun, einem in der Nato wie der EU schwierigen Partner. Leyen erklärt die europäische Arbeitsteilung inzwischen zum Vorbild auch für künftige Missionen: „Niemals allein“ werde Deutschland militärisch eingreifen, aber „im Verbund mit unseren Verbündeten“ und unter dem Dach der Vereinten Nationen durchaus. Und – um die symbolische Aufladung vollständig zu machen – auch und verstärkt in Afrika. „Unser Nachbarkontinent“ heißt es neuerdings, und dass Europa an dessen Stabilität ein gesteigertes Interesse haben müsse. Von einer regelrechten „Afrikastrategie“ ist inzwischen die Rede; auch Leyen lässt Stichworte wie Armutswanderung über das Mittelmeer oder Terrorismus zur Begründung für ein verstärktes Engagement einfließen.

Tatsächlich wiederholt sich die Mali Grundkonstellation ja auch gerade in der Zentralafrikanischen Republik: Wieder steht ein Staat vor dem Zusammenbruch, wieder hat die französische Legion den harten Teil der Kämpfe übernommen, und wieder bieten die Deutschen Entlastung. Viel ist dort allerdings nicht möglich. Frühe Überlegungen konzentrierten sich auf eine fliegende „MedEvac“-Intensivstation, wie sie so in Europa nur die Deutschen haben.

Auch von normalem Transport war anfangs kurz die Rede. Doch die deutschen Transportflieger, die Leyen im senegalesischen Dakar und in Bamako besucht, sind mit ihren beiden geschützten und einer normalen Transall das Äußerste, was die Bundeswehr derzeit aufbieten kann. Die Logistiker bringen Material und Soldaten der Ecowas in ihre Einsatzgebiete in Nordmali. Richtig gefährlich ist auch das nicht, nur neulich, erzählen die Flieger, musste eine Maschine den Landeanflug abbrechen, weil streunende Ziegen die Sandpiste blockierten.

Bald sollen in Mali 250 deutsche Soldaten aktiv sein

Das Herzstück des deutschen Einsatzes liegt an einer Schlaglochstraße eineinhalb Stunden von der Hauptstadt Bamako entfernt. Ein Containercamp in einer Armeekaserne, der Niger fließt einen Steinwurf entfernt vor dem Tor durch die brütende Hitze – in Koulikoro bilden deutsche Pioniere malische Soldaten in den Grundfertigkeiten aus. Drei Gefechtsverbände sind schon durch diese Schule gegangen, der vierte soll im März bereit sein für den ersten Einsatz im Norden. Das deutsche Mandat umfasste bisher 180 Soldaten, von denen derzeit etwa eine Hundertschaft vor Ort ist.

Demnächst liegt die Obergrenze bei 250 Mann. Dann soll, als zusätzliches Ausbildungsangebot, eine Aufbauphase für die rückgekehrten Lehrlinge der ersten Verbände folgen. Die Staaten Afrikas, sagt Ursula von der Leyen dazu immer wieder, wollten und müssten auf eigene Füße kommen. Nur in einem Punkt ist sie eher zurückhaltend. Ob nicht, will jemand von ihr wissen, wie in Afghanistan auch in Mali daran gedacht sei, die deutschen Ausbilder mit ihren Lehrlingen zusammen in die Einsatzgebiete zu schicken. Dieses „Mentoring“ hat sich am Hindukusch schließlich durchaus bewährt, erlaubt es doch eine direkte Manöverkritik. Aber da wird die Ministerin dann doch lieber formal: „Unser Mandat“, sagt sie, „ist hier sehr klar definiert.“

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