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Bei den Demokraten: US-Präsident Barack Obama. Foto: Reuters

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Politik: US-Ämtern drohen Zwangsferien

Ohne Budget-Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern wird Regierung zahlungsunfähig

Die USA stehen vor einer entscheidenden Woche mit machtpolitischen Folgen für die Präsidentschaftswahl 2012. Offiziell geht es um den sechsten oder siebten Interimshaushalt im laufenden Budgetjahr, so genau kommen da nicht einmal mehr die Experten beim Zählen mit. Vom Ausgang des Streits hängt aber auch ab, ob die Republikanische Partei gespalten wird und mit wie viel Rückhalt Präsident Barack Obama in die Kandidatur für die Wiederwahl geht. Wenn der Kongress nicht bis spätestens Freitag einen Kompromiss im Budgetkonflikt erzielt, dann müssen zahlreiche Behörden schließen und Millionen Staatsbedienstete zu Hause bleiben. Kriegsveteranen und Rentner bekommen keine Zahlungen mehr.

Das Haushaltsrecht des Parlaments hat in den USA nahezu absoluten Vorrang. Ohne seine Genehmigung darf die Regierung kein Geld ausgeben. Das Budgetjahr reicht in Amerika vom 1. Oktober bis 30. September. Es ist bereits sechs Monate alt, aber noch hat der Kongress keinen gültigen Haushalt verabschiedet. Demokraten und Republikaner blockieren sich. Bisher behalfen sie sich damit, immer nur das Geld für ein paar Wochen zu bewilligen. Diese Taktik gelangt nun ans Ende. Die konservativen Abgeordneten der Tea-Party-Bewegung verlangten anfangs, man müsse hundert Milliarden Dollar aus dem ursprünglichen Entwurf schneiden. Da bei den bisherigen kurzfristigen Interimsbudgets bereits Einsparungen erzielt worden, fordern sie nun noch Kürzungen von 60 Milliarden Dollar. „Cut it or shut it“ – keine Kompromisse mehr, lieber die Behörden schließen: Das riefen empörte Demonstranten bei einer Kundgebung vor dem Kongressgebäude am Donnerstag, bei der unter anderem die erzkonservative Abgeordnete Michele Bachmann sprach. Sie strebt eine Präsidentschaftskandidatur an.

Drinnen verhandelten derweil Republikaner unter Führung des neuen Parlamentspräsidenten John Boehner mit Demokraten über einen Kompromiss, der 33 Milliarden Dollar einspart und dafür den Staat bis Ende September finanziert. Doch wegen der Weigerung der Abgeordneten der Tea Party, den Kompromiss mitzutragen, droht nun ein „Government Shutdown“, wie ihn Amerika zuletzt 1995 erlebte. Der Ärger der Bürger war groß und richtete sich damals gegen die Republikaner. 1996 wurde Bill Clinton mit klarer Mehrheit wiedergewählt. Vor dem Budgetstreit und der Schließung der Behörden war er in der Defensive.

Beide Parteien haben diese historische Lehre vor Augen, wenn sie in diesen Tagen darüber verhandeln, wie ein Haushaltsgesetz aussehen muss, damit beide Lager dafür stimmen. Im Abgeordnetenhaus haben die Republikaner die Mehrheit, im Senat die Demokraten. Ohne Kompromiss gibt es keine Lösung.

Die Moderaten in beiden Lagern hätten zwar zusammen eine breite Mehrheit. Aber ihre Führungen schwanken, ob sie den Kompromiss schließen wollen – aus zwei Gründen. Erstens müssten sich die Republikaner frontal gegen ihren rechten Flügel samt der Tea Party stellen. Und die Demokraten müssten gegen ihren linken Flügel kämpfen, der in den Kürzungen eine unzumutbare Belastung der sozial Schwachen sieht. Unter anderem würden die staatliche Förderung für Studierende aus ärmeren Familien gekürzt, die Krankenversorgung für Arme (Medicaid) und andere Sozialleistungen.

Zweitens sind beide Parteien unsicher, ob die Wähler heute genauso reagieren wie 1995. Die USA sind inzwischen weit höher verschuldet. Die Forderung der Konservativen nach einer Kürzung der Staatsausgaben findet breitere Zustimmung als damals. Nach Umfragen würde der Zorn über einen „Government Shutdown“ die Republikaner auch heute stärker treffen als die Demokraten, aber verhaltener als 1995. Andererseits hat Barack Obama schon jetzt höhere Zustimmungswerte als Bill Clinton damals. Viele Anhänger und Parteifreunde werfen ihm freilich vor, dass er nicht so entschieden gegen die Republikaner kämpfe wie Clinton.

Laut US-Medien ist der Ausgang offen. Manche spekulieren, Boehner sei zu einem kurzen „Government Shutdown“ bereit. Dann könne er der Tea Party sagen, man habe es versucht, aber der politische Schaden sei zu groß – und Boehner werde in einem neuen Anlauf den Kompromiss suchen. Andere prognostizieren, der Kompromiss komme sofort, denn das Risiko der Folgen einer Regierungsschließung sei unkalkulierbar groß.

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