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Politik: US-Anwalt von Kurnaz verklagt Pentagon

Verteidigungsministerium soll geheime Akten freigeben / „Sie können meinen Mandanten entlasten“

Berlin – Kann Baher Azmy die USA vor Gericht bezwingen? Derzeit klagt der amerikanische Anwalt des langjährigen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz vor einem US-Bundesgericht gegen das Pentagon auf die Freigabe von als „geheim“ eingestuften Akten. Der Anwalt hofft auf Dokumente, die seinen Mandanten entlasten können. „Davon gibt es eine Menge“, sagt er. „Das einzige Problem, das die Regierung mit ihrer Freigabe haben könnte, ist, dass es für sie peinlich werden könnte.“

Einige Dokumente konnte der Jurist einsehen – etwa den Militärvermerk „R-19“. Darin werde ohne Angabe einer Quelle behauptet, Kurnaz hätte „Kontakt zu bestimmten Personen gehabt, die mit dem Terrorismus in Verbindung stehen“, sagt Azmy. Beweise dafür würden aber nicht geliefert. Ein Militärtribunal hatte offenbar darauf basierend entschieden, Kurnaz weiterhin festzuhalten. Die amerikanische Richterin Joyce Hens Green sah darin im Januar 2005 einen „der schlimmsten Fälle des Missbrauchs der Rechtsstaatlichkeit durch das Militär“ und verurteilte Kurnaz’ Haft als illegal.

Green hatte sämtliche geheimen und öffentlichen Dokumente im Fall Kurnaz gesichtet. Die amerikanische Regierung hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt. Azmy hofft, dass auch ihm bald freier Einblick in die Akten gewährt wird – mit einer Gerichtsentscheidung rechnet er allerdings frühestens diesen Sommer. Was die Herausgabe von „R-19“ angeht, ist der Jurist wenig optimistisch. „Ich glaube nicht, dass sie den Vermerk freigeben werden“, sagt Azmy. „Er enthält einige Namen, die die Regierung weiterhin geheim halten darf.“

Andere Dokumente waren zumindest zeitweise freigegeben und sind inzwischen wieder unter Verschluss. Dazu gehören Protokolle mehrerer Anhörungen von Kurnaz vor den für Guantanamo zuständigen Militärgerichten „Combatant Status Review Tribunal“ (CSRT) und dem „Administrative Review Board“ (ARB). „Sie könnten den Beweis dafür liefern, dass die amerikanische Regierung schon 2002 von der Unschuld meines Mandanten überzeugt war“, so Azmy.

Die Tribunale hatten darüber zu befinden, ob der für eine Inhaftierung in Guantanamo relevante Status des „feindlichen Kämpfers“ aufrechterhalten werden sollte und der Gefangene für die USA und deren Verbündete eine Gefahr darstellt. Nach amerikanischer Auffassung gilt für Guantanamo-Häftlinge nicht die Genfer Kriegsgefangenen-Konvention, sondern sie unterstehen ausschließlich der amerikanischen Militärgerichtsbarkeit. Laut Genfer Konvention haben Gefangene auf der ganzen Welt das Recht auf eine menschenwürdige Haft.

Welche Gründe zur Entführung und Inhaftierung des Bremer Türken führten, konnte Anwalt Azmy bislang vor allem anhand der freigegebenen Protokollversion der CSRT-Anhörung nachvollziehen. Zum einen wird Kurnaz darin zum Vorwurf gemacht, Verbindungen zu einem weiteren Terrorverdächtigen, dem in Bremen ansässigen Selcuk B., gehabt zu haben. Mit ihm hatte Kurnaz ursprünglich gemeinsam nach Pakistan reisen wollen. Als zweiten Grund führen die Amerikaner den Kontakt von Kurnaz zur pakistanisch-islamischen Missionsbewegung Tabligh-i-Jamat an. Zudem wird der Deutsch-Türke in dem Protokoll als Al-Qaida-Mitglied eingestuft. „Die Informationen im veröffentlichten Dokument sind vermutlich frei erfunden“, sagt Azmy. Nach seiner Auffassung könnten diese Anschuldigungen durch die unter Verschluss gehaltene Version der Anhörungsprotokolle entkräftet werden.

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