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Politik: US-Außenministerium: Assads Rede unzureichend

Unter zunehmendem internationalen Druck hat Syriens Präsident Baschar el Assad einen schrittweisen Rückzug der Truppen seines Landes aus Libanon angekündigt. Die US-Regierung wies die angekündigte Truppenverlegung als völlig unzureichend zurück.

Damaskus (06.03.2005, 15:53 Uhr) - Ein konkretes Datum für den Abzug der 14 000 Soldaten nannte Assad am Samstag in seiner Rede vor dem Parlament in Damaskus nicht. Mit dem libanesischen Präsidenten Émile Lahoud habe er für die kommende Woche ein Treffen beider Seiten vereinbart, um Einzelheiten der Rückverlegung zu besprechen.

«Wir wollen nicht einen Tag länger bleiben, wenn es einen Konsens in Libanon gibt, dass wir gehen sollen», sagte Assad weiter. «Wir haben nie gesagt, dass wir immer in Libanon bleiben wollen.»

Die Truppen werden laut Assad zunächst weiter östlich in die Bekaa-Hochebene verlegt. Später sollen sie sich dann ganz bis an die syrische Grenze zurückziehen. In Anspielung auf die Drohungen der USA sagte er: «Einige werden jetzt sagen, das sei nicht genug, doch wir sagen: "Nein, das ist genug".» Aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, von den noch 14 000 syrischen Soldaten befänden sich ohnehin bereits rund 10 000 in der Bekaa-Ebene, der Rest im Norden.

Assad verwies darauf, dass Syrien seit 1999 in fünf Etappen bereits 26 000 Soldaten abgezogen habe. «Wir haben ein eigenes Interesse an dem Abzug», sagte der Präsident. Die Truppenpräsenz in dem Nachbarland bedeute für Syrien eine finanzielle Last. Die Stabilität in Libanon müsse jedoch gewahrt werden. Deshalb sei er für ein schrittweises Vorgehen.

Die US-Regierung wies die angekündigte Truppenverlegung als völlig unzureichend zurück. «Assads Ankündigung reicht nicht aus», sagte Darla Jordan, Sprecherin des US-Außenministeriums. «Die internationale Gemeinschaft hat klar gemacht, dass Syrien seine Truppen und Geheimdienste vollständig und unverzüglich aus Libanon abziehen muss.» Präsident George W. Bush habe am Freitag klar gemacht, dass halbherzige Maßnahmen inakzeptabel seien.

Der französische Außenminister Michel Barnier forderte am Sonntag einen Zeitplan für den angekündigten Rückzug. Die Glaubwürdigkeit dieses Rückzugs sollte von den Vereinten Nationen überprüft werden, sagte Barnier im französischen Rundfunk.

Assad nannte die Ermordung des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri vor drei Wochen ein «abscheuliches Verbrechen», das sich sowohl gegen Libanon als auch gegen Syrien gerichtet habe. Der Mord müsse mit allen Mitteln aufgeklärt werden. Die Opposition in Libanon macht Syrien für die Tat verantwortlich. Seit dem Mord finden in Beirut täglich Demonstrationen statt, die die völlige Unabhängigkeit des Landes und den Abzug der syrischen Truppen fordern.

"Nicht bereit zu einem Frieden im Nahen Osten"

Assad sagte in seiner Rede, Israel und die USA seien nicht bereit zu einem Frieden im Nahen Osten. «Deshalb ist der Friedensprozess für die nähere Zukunft suspendiert.» Syrien befürworte weiterhin Friedensgespräche ohne Vorbedingungen. Ziel müsse aber die Rückgabe der von Israel besetzten Golanhöhen sein. Bush hatte Syrien am Samstag vorgeworfen, einem Frieden im Nahen Osten entgegenzustehen. «Die syrische Unterstützung des Terrorismus bleibt die größte Hürde für den Frieden im Nahen Osten», sagte er in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache. «Ein syrischer Rückzug des gesamten Militärs und Geheimdienststabes würde helfen, sicherzustellen, dass die libanesischen Wahlen im Frühjahr wie geplant stattfinden und dass sie frei und fair sind.»

Assads Rede wurde auf einer Großbildwand auf den Märtyrerplatz im Zentrum Beiruts übertragen, wo Tausende auch am Samstagabend wieder versammelt waren. «Ein Witz», kommentierte Imad Awad von der libanesischen Opposition. «Er hat nicht einmal ein Datum für den Abzug genannt.» Und Fadi Awad ergänzte: «Sie denken, sie können uns an der Nase herumführen. Die Syrer manövrieren gern.»

Vorsichtig optimistisch äußerte sich Oppositionsführer Walid Dschumblatt. Die Rede sei «positiv», doch «wir brauchen ihre ernsthafte Umsetzung». Es sollte ein genauer Zeitplan für den syrischen Truppenrückzug festgelegt werden. Der prosyrische Präsident Lahoud lobte die Rede. Sie vertiefe «die historischen brüderlichen Beziehungen zwischen Libanon und Syrien». (tso) ()

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