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US-Experte Richard Gowan: „Das wird die Laune der Europäer nicht heben“

Richard Gowan über die Folgen eines möglichen Siegs der Republikaner bei den US-Kongresswahlen.

Herr Gowan, welche Folgen hätte ein Sieg der Republikaner bei den US-Kongresswahlen für Europa?

Einige werden geschockt sein, sollten die Republikaner sehr gut abschneiden. Doch das wäre ein Fehler. Präsident Barack Obama wird aller Voraussicht nach an seiner außenpolitischen Agenda – Ausgleich mit China, Eindämmung des Iran und Abzug aus Afghanistan – ohne größere Abstriche festhalten.

Würde sich dennoch für die Europäer etwas ändern? Was bedeutete eine Mehrheit der Republikaner im Abgeordnetenhaus für die transatlantischen Beziehungen?

Ein Bereich, in dem ein Erfolg der Republikaner spürbare Änderungen mit sich brächte, sind die Beziehungen zwischen den USA und Russland. Die Republikaner werden mit Obamas Versuch, die Beziehungen zu Moskau zu verbessern, hart ins Gericht gehen. Das wäre eine schlechte Nachricht für die EU, die nicht unerheblich vom verbesserten Verhältnis der USA zu Russland profitiert hat. Die Republikaner werden zudem alles tun, um Obamas Atomabrüstungspolitik zu unterminieren – was ebenfalls eine große Enttäuschung für Europas führende Politiker wäre.

Von den Republikanern wird erwartet, dass sie das Budget für Umweltausgaben drastisch kürzen würden. Könnte das zum Problem werden?

Die EU und die USA liegen, was Umwelt- und Klimaschutzthemen anbelangt, ohnehin weit auseinander. Weder Demokraten noch Republikaner werden das strikte Regelwerk zur Verminderung von CO2-Emissionen akzeptieren, das sich die Europäer wünschen. Aber richtig ist: Die republikanische Rhetorik würde die Laune der Europäer nicht heben.

Haben es die EU-Politiker zuletzt in ihrer Obama-Begeisterung versäumt, gute Beziehungen zu den Republikanern zu pflegen?

Zu viele Europäer haben in Obama einen quasieuropäischen Führer sehen wollen, der bei Themen wie dem Klimawandel eng mit der EU zusammenarbeiten würde. Doch tatsächlich ist er ein posteuropäischer Führer, dessen Interesse sich vielmehr auf die aufstrebenden Mächte wie China und Indien richtet. Europas Politiker könnten von daher sicher gut mit Republikanern vom Schlage eines John McCain, der sich noch an die Zeit der Kalte-Kriegs-Allianz erinnert. Aber sie werden schockiert sein über die nahezu isolationistische Sicht der Tea-Party-Bewegungs-Mitglieder, die sich für Außenpolitik überhaupt nicht interessieren. Ich vermute, die meisten Europäer werden es vorziehen, weiter mit Obama zu verhandeln, auch wenn der geschwächt aus der Wahl hervorgehen sollte.

Das Gespräch führte Lillian McDowall.

Richard Gowan arbeitet für den Brüsseler Think Tank „European Council on Foreign Relations“ (ECFR) an der New York University.

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