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Angespanntes Verhältnis: Donald Trump und die Presse

© AFP/Don Emmert

US-Medien an Donald Trump: "Genießen Sie Ihre Amtseinführung"

Schon im Wahlkampf hat das Verhältnis von Donald Trump und den Medien einen Tiefpunkt erreicht. Nun schickt die Presse dem neuen Präsidenten eine Kampfansage.

"Genießen Sie Ihre Amtseinführung" ("Enjoy your inauguration"). Das wünscht die US-Presse dem kommenden Präsidenten Donald Trump in einem offenen Brief, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Das klingt freundlich, ist aber nicht so gemeint - im Gegenteil.

Was die Journalisten in dem Schreiben, das Kyle Pope, der Chefredakteur des Medienmagazins "Columbia Journalism Review", im Namen der US-Presse verfasst hat, dem neuen Präsidenten ansonsten mit auf den Weg geben, ist eine Drohung.

"Es wird Sie nicht überraschen, dass wir unsere Beziehung als angespannt betrachten", heißt es zu Beginn in dem Brief. Was dann folgt, ist eine Liste der Verfehlungen, die die Journalisten Trump vorwerfen.

Trump habe schon im Wahlkampf die Presse behindert, er habe Medien ausgeschlossen. "Sie haben per Twitter einzelne Journalisten verhöhnt und bedroht und ihre Anhänger ermutigt, dies auch zu tun", schreibt Pope. Zudem habe Trump einen Reporter wegen dessen Behinderung verhöhnt, andere abgekanzelt und die Gepflogenheiten und Normen der Medienarbeit und Pressekonferenzen missachtet.

Unverhohlene Drohung an den neuen US-Präsidenten

"All dies ist natürlich ihre Entscheidung und gewissermaßen auch ihr Recht", heißt es weiter in dem Brief. Aber die Presse habe auch ihre Rechte. "Wir, nicht Sie, entscheiden, wie wir am besten unseren Lesern, Hörern und Zuschauern dienen", schreibt Pope weiter und listet dann auf, "was von uns zu erwarten ist in den kommenden vier Jahren."

"Wir glauben an eine objektive Wahrheit, und wir werden Sie daran messen", schreibt Pope. "Wir entscheiden, wieviel Raum wir Ihren Sprechern einräumen. Wir bestimmen die Spielregeln."

Und dann folgt eine klare Kampfansage an Trump: "Wir werden uns in die Details Ihrer Regierungsarbeit hineinsteigern", heißt es weiter. "Sie wollen vielleicht kontrollieren, was aus dem West Wing nach außen dringt, aber wir werden die Oberhand haben, wenn es darum geht, zu berichten, wie Ihre Politik umgesetzt wird."

Bei so viel zur Schau getragenem Selbstbewusstsein zeigt sich der US-Pressekorps aber auch selbstkritisch. "Wir gestehen Ihnen zu, dass Sie gravierendes und weitverbreitetes Misstrauen in die Medien über das gesamte politische Spektrum aufgezeigt haben", schreibt Pope. Dies sei "ein Weckruf" für die Presse gewesen. "Wir müssen dieses Vertrauen wieder erlangen. Und wir werden das tun mit präziser, furchtloser Berichterstattung, wir werden unsere Fehler eingestehen und die strengsten ethischen Grundsätze einhalten, die wir uns nur setzen können."

Mutig und geläutert

Trump habe versucht, die Presse zu spalten, heißt es weiter. "Diese Zeiten sind nun vorbei", schreibt Pope. "Wir werden zusammenarbeiten. (...) Wenn Sie einen Reporter bei einer Pressekonferenz niederschreien oder ignorieren, (...) werden Sie sich einer vereinigten Front gegenüber sehen."

"Im besten Fall werden Sie für acht Jahre im Amt sein", schreibt Pope. "Wir sind seit Gründung der Republik dabei, und unsere Rolle in dieser großartigen Demokratie ist immer wieder bestätigt und vestärkt worden."

Nachdem die US-Medien im Wahlkampf nicht nur von Seiten Trumps hart in der Kritik standen, präsentieren sie sich nun geläutert und machen sich Mut. "Sie haben uns gezwungen, über die grundlegendsten Fragen - wer wir sind und wozu wir da sind - noch einmal nachzudenken. Dafür sind wir äußerst dankbar", schreibt Pope an die Adresse Trumps.

Und dann schließt der Brief mit: "Enjoy your inauguration." (Tsp)

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