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Donald Trump in der Aura der Macht des Präsidenten.

© Reuters/ Kevin Lamarque

US-Präsident 100 Tage im Amt: Trump steuert auf die Schließung der Regierung zu

Vor seiner Wahl verkündete Donald Trump großspurig ein 100-Tage-Programm. Doch zum Jubiläum geht dem US-Präsidenten das Geld aus. Ihm fehlen klare Prioritäten, Geduld und die Kenntnis des Regierungssystems. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Am Sonnabend ist Donald Trump 100 Tage Präsident: nach üblichen Standards eine Gelegenheit zur Zwischenbilanz – erst recht nach Trumps Ansprüchen. Drei Wochen vor der Wahl war er Mitte Oktober 2016 nach Gettysburg gereist, einem symbolischen Ort der US-Geschichte, um einen „Vertrag mit dem amerikanischen Wähler“ zu schließen.

Maßstab und Anmaßung: Wie Lincoln in Gettysburg

Er lieh sich die Aura der berühmtesten Rede Abraham Lincolns. Auf dem Schlachtfeld eines der blutigsten Kämpfe des Bürgerkriegs wies 1863 der damalige Präsident in der „Gettysburg Address“ einen Weg aus dem Brudermord und der Gefahr des Auseinanderbrechens der Union.

Die USA in einer existenzbedrohenden Krise – das war Trumps Maßstab für sein „100-Tage-Programm“ in Gettysburg. Man kann es auch eine Anmaßung nennen. In den USA mag vieles reformbedürftig sein. Aber am Boden liegt das Land nicht. Er schwor, „to make America great again“.

Heute nennt Trump die 100-Tage-Marke "lächerlich"

Nun will Trump davon nichts mehr wissen. 100 Tage seien „ein lächerlicher Standard“, twittert er. Und: Ganz unabhängig von seinen Erfolgen würden die Medien seine Bilanz niedermachen.

Da drückt sich Frustration aus, die in Aggression umschlägt. Zur 100-Tage-Marke hat er das niedrigste Ansehen, das ein US-Präsident zu diesem Zeitpunkt hatte: nur 41 Prozent Zustimmung. Und er wird in dieser Woche mit einem Problem konfrontiert, das er nicht im Blick hatte und auf dessen Bearbeitung er keine Lust hat.

Ende April läuft das provisorische Staatsbudget aus. Es droht „Government Shutdown“, die Schließung der Regierung aus Geldmangel. In jüngerer Zeit kannte man dies in ganz anderer Konstellation: Eine republikanische Kongressmehrheit versucht, einen demokratischen Präsidenten zu erpressen, damit der Einsparungen vornimmt, bevorzugt an Sozialprogrammen.

Nun droht einem Republikaner "Government Shutdown"

2017 regiert ein republikanischer Präsident. Die „Deficit Hawks“ in der Republikanischen Partei sind aber weiter der Meinung, dass die Schulden nicht wachsen dürfen und jede zusätzliche Ausgabe durch Einsparungen ausgeglichen werden muss. Trump möchte für vielerlei mehr Geld: das Militär, die Mauer an der Grenze zu Mexiko, ein Infrastrukturprogramm. Und er will die Steuersätze senken. Wie soll die Rechnung aufgehen?

Es ist Zufall, dass der 100. Tag im Amt mit dem Datum zusammenfällt, an dem der Regierung das Geld ausgeht. Der Zufall zeigt aber, wo das Kernproblem dieses Präsidenten liegt. Er hat keine klare Prioritätenliste, er befasst sich nicht systematisch mit seiner Agenda, sondern jeweils dem Projekt, das ihn gerade interessiert.

Trump hat nichts erreicht? Das stimmt nicht

Generell liegt Trumps Schwäche nicht in erster Linie darin, dass er nichts erreicht hätte. Ein zentrales Versprechen hat er erfüllt: einen konservativen Richter an den Supreme Court zu bringen. Neil Gorsuch wird wohl auch in 20, 30 Jahren noch Verfassungsrecht sprechen.

Trump hat auch auf anderen Gebieten die Zusagen wahr gemacht, den Kurs seines Vorgängers Barack Obama zu korrigieren: Umwelt und Klima, Gesundheitswesen, Finanzaufsicht, Freihandelsabkommen. Es ist nicht so, dass Trump nur redet und nichts tut. Seine bisherigen Erfolge beschränken sich aber auf Bereiche, wo er mit geringem Aufwand Vollzugsmeldungen produzieren kann: mit Dekreten.

Er zeigt keinen Respekt vor der Gewaltenteilung

Bisher zeigt er jedoch keine der Qualitäten, die nötig wären, um größere Ziele per Gesetzesänderung zu erreichen: eine Einwanderungsreform, eine Gesundheitsreform, eine Steuerreform – oder auch eine Sanierung der Staatsfinanzen. Dafür bräuchte er den Kongress. Trump beweist weder Geduld noch länger anhaltende Aufmerksamkeit für eine Aufgabe noch Respekt vor der Gewaltenteilung.

Der Präsident vertritt nur eine von drei Gewalten: die Exekutive. Daneben gibt es noch das Parlament, die Legislative. Und die Gerichte, die Judikative. Ein Unternehmen kann man – vielleicht – „top down“ führen, mit Anweisungen von oben. Einen Staat nicht, jedenfalls nicht, wenn der eine Demokratie mit Gewaltenteilung ist wie die USA.

Die Vorhaben, die eine sorgfältige Vorbereitungen erfordern und mit Augenmaß und Energie durch den mühevollen demokratischen Prozess geleitet werden müssen, sind entweder gescheitert (der Muslim-Bann an den Gerichten, die Korrektur der Obama-Gesundheitsreform am Parlament), oder er hat sie noch nicht einmal richtig angepackt.

Trump prahlt mit Steuerplänen, statt sich ums Budget zu kümmern

So geht Trump auch in die 100-Tage-Woche, mit dem symptomatischen Desinteresse am politischen System. Er werde die Steuerreform in den Kongress einbringen, prahlt er. Seine Mitarbeiter korrigieren: Er werde Grundideen der Reform darlegen. Details gebe es noch nicht. Und die Budget-Deadline? Solche Nebensachen sollen dann wohl die Unterlinge klären.

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