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© AFP

US-Präsidentschaftswahl: USA wollen Deutschland stärker fordern

Zwei ehemalige US-Botschafter präsentierten am Dienstag ihre Erwartungen an den neuen US-Präsidenten – und an die Bundesregierung. Der Tenor: Es wird für die Deutschen nicht einfach. Das erwartet auch Ex-Außenminister Joschka Fischer

Berlin - Washington wird nach der Wahl des neuen US-Präsidenten große Erwartungen an die Bundesrepublik haben, die weit über das hinausgehen, was man in den vergangenen Jahren unter George W. Bush von Deutschland eingefordert habe. Das war der Tenor einer Gesprächsrunde zur US-Wahl, an der am Dienstag neben mehreren Bundestagsabgeordneten auch die ehemaligen amerikanischen Botschafter in Deutschland, John C. Kornblum und Richard Burt, teilnahmen.

Anlass war ein neues Memorandum des Amerikanischen Instituts für zeitgenössische Deutschlandstudien (AICGS) für den nächsten Präsidenten, das Direktor Jackson Janes in Berlin präsentierte.

"Es wird nicht einfacher", sagt der Ex-Botschafter.

„Die neue Regierung wird in keiner Weise so aussehen wie die Bush-Regierung, sondern mehr auf Diplomatie setzen – egal ob McCain oder Obama gewinnt“, sagte AICGS-Vorstand Richard Burt, der unter den Präsidenten Reagan und Bush Senior US-Botschafter in der Bundesrepublik war. „Trotzdem wird es für die Deutschen nicht einfacher, denn die neue Regierung wird mehr auf geteilte Verantwortung setzen.“

Bush habe durch seine Alleingänge „die Europäer von der gemeinsamen Verantwortung befreit“, sagte Burt. Nach der Wahl am 4. November „werden die Europäer die gemeinsame Politik wieder mehr mittragen müssen.“ So erwarte Washington, dass Deutschland bei dem als besonders kritisch eingeschätzten Umgang des Westens mit Russland „eine Führungsrolle“ übernehmen soll, sagte der Ex-Botschafter. Auch beim Nato-Engagement in Afghanistan und gegenüber Anrainern wie Pakistan „wird Deutschland eine zentrale Rolle spielen müssen“.

"Es wird einiges auf uns zukommen", sagt Joschka Fischer

Ex-Botschafter Kornblum sagte vorher, dass auch wegen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise die Meinungsverschiedenheiten zwischen Europa und den USA schwinden. „Wir werden mehr auf einer Wellenlänge sein – und vielleicht zusammen untergehen“, sagte AICGS-Vorstand Kornblum, von 1997 bis 2001 Botschafter in Deutschland. Zentral für das deutsch-amerikanische Verhältnis wird auch aus Kornblums Sicht der westliche Umgang mit Russland. Das Land sei, entgegen der „naiven“ Wahrnehmung der Europäer, „kein gutartiger Partner“.

Was sich durch einen neuen US-Präsident für Deutschland ändert, darüber spekulierte am Montagabend auch der ehemalige Außenminister Joschka Fischer beim Spiegel-Gespräch in der Berliner Humboldt-Universität. „Da wird einiges auf uns zukommen, gerade mit dem Afghanistan-Einsatz.“ Deutschland könne sich nicht weiter wie bisher verhalten. „Ihr habt gute Ratschläge, aber wir halten den Kopf hin“, sei die amerikanische Sicht auf die deutsche Haltung. Es könne auf Dauer aber nicht funktionieren, „wenn man dem Partner nicht hilft, wenn es brenzlig wird“, so Fischer. Der Bundesregierung wirft er vor, dass Deutschland seit der Petersberger Konferenz im Jahr 2001 keine neue politische Afghanistan-Strategie habe. Er plädiert dafür, mehr auf Bündnisstrategie zu setzen.

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