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Schaffte es am Donnerstag Abend (Ortszeit) in Washington nicht, seine Parteikollegen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen: Der Republikaner John Boehner.

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Update

US-Schuldenkrise: USA steuern auf Staatspleite zu - Obama warnt: Zeit läuft ab

Im US-Schuldenkrimi droht ein bitteres Ende. Die Opposition ist sich uneins. Die Zeit läuft davon. Obama warnt erneut vor den schweren Folgen für die Wirtschaft. Neue alarmierende Zahlen zeigen, wie schwach sie ohnehin schon ist.

Die USA steuern frontal auf die Staatspleite zu. Im erbitterten Schuldendrama blockierte am Freitag ein interner Streit bei den Republikanern jeden Fortschritt. Nötige Abstimmungen verzögerten sich, es galt nunmehr als unwahrscheinlich, dass es noch rechtzeitig bis zum 2. August zu einem Kompromiss kommt. Von da an könnten die USA nicht mehr alle Rechnungen bezahlen. Für zusätzliche Alarmstimmung sorgten neue Konjunkturdaten: Demnach wuchs die US-Wirtschaft im ersten Halbjahr noch schwächer als ohnehin schon befürchtet. Im Fall einer Zahlungsunfähigkeit drohen unabsehbare Folgen auch für die Weltwirtschaft.

US-Präsident Barack Obama rief noch einmal eindringlich zu einer Einigung auf, die von beiden Kongressparteien akzeptiert werde. „Die Zeit für einen Kompromiss ist jetzt gekommen“, sagte Obama im Weißen Haus. Es gebe immer noch „eine Menge Wege“, die aus der Krise herausführen könnten. Aber es bleibe nicht mehr viel Zeit. In Umfragen zeigt sich, dass der Schuldenstreit auch Obamas Image schadet.

Der Präsident warnte vor einer weiteren Schwächung der „bereits fragilen“ Wirtschaft. Sie wuchs im zweiten Quartal aufs Jahr gerechnet um 1,3 Prozent und damit schwächer als von Experten erwartet. Schlimmer noch: In den ersten drei Monaten des Jahres legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach revidierten Zahlen um gerade einmal 0,4 Prozent zu, wie das US-Handelsministerium mitteilte. Zuvor war noch von 1,9 Prozent die Rede gewesen.

Die Republikaner vertagten am Donnerstagabend (Ortszeit) eine Abstimmung über eine Erhöhung des Schuldenlimits im Abgeordnetenhaus, weil sich die Gemäßigten und die Radikalen im eigenen Lager nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten. Damit waren die nötige Gesetzgebungsprozeduren im Kongress blockiert.

Das verschobene Votum der Republikaner im Repräsentantenhaus hätte ohnehin hauptsächlich symbolischen Charakter, da es im Senat keine Chance hat. Spätestens ein Veto Obamas hätte das Gesetz gestoppt, denn der Plan der Republikaner wäre lediglich eine kurzfristige Lösung gewesen. Das Schuldenlimit hätte ausgerechnet im Wahljahr 2012 erneut heraufgesetzt werden müssen. Der Präsident aus dem Lager der Demokraten will aber eine solche Diskussion im Wahljahr vermeiden. Zudem befürchtet er weiteren Schaden für die Wirtschaft, wenn es zu einer Neuauflage des Gezerres kommt.

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Bevor Obama ein Gesetz unterzeichnen kann, müssen beide Kammern im Kongress zustimmen. Im demokratisch beherrschten Senat wollte Mehrheitsführer Harry Reid nach Medienberichten noch am Freitagabend (Ortszeit) das Verfahren zur Abstimmung über einen eigenen Vorschlag im Schuldenstreit einleiten. Der Plan sieht eine Anhebung der Schuldengrenze in einem Schritt vor und wird von Obama unterstützt.

Zunächst stand ein Antrag auf Schluss der Debatte an, für die Reid aber 60 Stimmen und damit die Unterstützung durch mehrere Republikaner benötigt. Erhielte er sie, wäre dann ein Testvotum am Sonntag möglich. Käme am Ende eine Mehrheit im Senat zustande, müsste dann das Abgeordnetenhaus überzeugt werden - ein langer Weg.

Das Weiße Haus hatte zuvor bestätigt, dass das Finanzministerium bereits seit Tagen vorsichtshalber an Plänen für den Fall der Staatspleite arbeitet. Die Blockade im Repräsentantenhaus werde wahrscheinlich das Ministerium dazu bewegen, diese Pläne Investoren, der Wirtschaft, dem Ausland und den Verbrauchern vorzulegen, schrieb das „Wall Street Journal“ am Freitag. Die Entscheidungen, welchen Zahlungen die Regierung Priorität einräumt, haben erhebliche politische und wirtschaftliche Auswirkungen.

Den Angaben zufolge wird das US-Defizit jeden Monat um rund 130 Milliarden Dollar größer. Die Regierung wolle aber am 15. August fällig werdende Zinszahlungen über 29 Milliarden Dollar auf jeden Fall leisten. Die restlichen 100 Milliarden Dollar an anderen Schuldrückzahlungen müssten hinten angestellt werden. Betroffen wären unter anderem Vertragsfirmen oder Empfänger von Staatspensionen.

Trotz der anhaltenden Blockade zeigte sich Obama aber auch am Freitag weiter zuversichtlich, dass es in letzter Minute doch noch einen Deal geben könnte. Er appellierte besonders an die Parteien im Senat, „eine gemeinsame Basis“ für einen Kompromiss zu finden.

US-Topbanker riefen Obama und den Kongress auf, sich endlich zu einigen. In drastischen Worten warnten sie vor den Konsequenzen, sollten die USA keine neuen Schulden mehr aufnehmen dürfen und damit zahlungsunfähig werden.

Der Streit wirkt sich inzwischen negativ auf Obamas Popularität aus. In einer Umfrage des Pew-Instituts meinten nur noch 41 Prozent der Wähler, er solle im November 2012 wiedergewählt werden. Im Mai waren es noch 48 Prozent. Dagegen meinten 40 Prozent, sie würden es lieber sehen, wenn ein Republikaner die Präsidentenwahl gewinnt. Besonders häufig würden sich unabhängige Wähler von Obama abwenden, teilte das Institut mit. (dpa)

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