zum Hauptinhalt
Clinton

© AFP

US-Vorwahlkampf: Clinton sieht die Wende

Die US-Senatorin Hillary Clinton gewinnt drei von vier Vorwahlen – aber Konkurrent Obama liegt nach den Gesamtstimmen weiterhin vorn.

Nach Hillary Clintons überraschend gutem Abschneiden in vier Vorwahlen am Dienstag streiten sie und ihr Rivale Barack Obama um die Interpretation der Ergebnisse. Clinton war nachts von Ohio nach Washington zurückgekehrt, trat in allen Morningshows der großen TV-Sender auf und erklärte dort den 4. März zur Wende zu ihren Gunsten: Sie habe den Trend gedreht und werde die Nominierung gewinnen. Zuvor hatte Obama in Folge elf Vorwahlen der US-Demokraten für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten gewonnen.

Obama konterte am Mittwoch, entscheidend für die Nominierung seien die von den Bürgern gewählten Delegierten. An seiner klaren Führung in diesem Bereich habe Clintons jüngster Erfolg nichts geändert. Auch bei der Summe aller abgegebenen Stimmen liege er vorne. In den bisher 40 demokratischen Vorwahlen haben rund 13 Millionen Bürger für ihn und 12,4 Millionen für sie gestimmt. Auch er verspricht seinen Anhängern, er werde siegreich in den Parteitag Ende August gehen und als offizieller Kandidat herauskommen.

Clinton gewann am Dienstag drei der vier Vorwahlen, darunter die großen Staaten Ohio und Texas. In Ohio, einem Industriestaat im Norden mit Strukturproblemen, siegte sie mit 54 zu 44 Prozent, in Texas mit 51 zu 47 Prozent. Die Erfolge in zwei kleineren Staaten im Nordosten teilten sie sich. Obama gewann Vermont mit 60 zu 38 Prozent, Clinton Rhode Island mit 58 zu 40 Prozent.

Die Wählerstruktur in Ohio und Texas begünstigte Clinton. In Ohio stellen weiße Arbeiter einen hohen Anteil der Bevölkerung. Sie gehören zu ihrer Stammwählerschaft. Und ebenso die Hispanics, die in Texas bis zu 40 Prozent der demokratischen Wähler ausmachen. Sie stimmten, wie schon in Nevada und Kalifornien zu zwei Dritteln für Hillary und nur zu einem Drittel für Obama, was US-Beobachter auf Rassenvorbehalte unter Latinos gegen Schwarze zurückführen. Trotz dieser strukturellen Vorteile hatte Clinton ihren anfänglichen Vorsprung von 15 bis 20 Prozent in den Umfragen im Laufe der vergangenen Wochen eingebüßt. Am Wochenende prognostizierten Meinungsforscher einen knappen Clinton-Sieg in Ohio und einen knappen Obama-Sieg in Texas. Gemessen daran hat Clinton wieder Boden gutgemacht, aber immer noch deutlich unter ihrem ursprünglichen Potenzial abgeschnitten.

Wer letztlich Präsidentschaftskandidat wird, entscheiden die Delegierten auf dem Parteitag im August, die jetzt bei den Vorwahlen bestimmt werden. Über deren genaue Zahl gibt es keine offiziellen Angaben, da sich die Vorschriften für die Umrechnung von abgegebenen Stimmen in Delegierte von Staat zu Staat unterscheiden, und die Delegierten mancherorts erst Wochen nach der Vorwahl beim regionalen Parteitag zugeteilt werden. Die Zahlen im Umlauf beruhen auf Schätzungen der verschiedenen Medien.

Kompliziert wird das Verfahren zusätzlich dadurch, dass die Delegierten in manchen Staaten an das Votum der Bürger gebunden sind, in anderen nicht. Zudem gibt es die Superdelegierten, die ihre Stimme auf dem Parteitag ihrem Amt als Abgeordneter, Senator, Gouverneur oder als hoher Parteifunktionär verdanken. Sie stellen etwa ein Fünftel der 4048 Delegierten und sind frei, wen sie unterstützen. Nominiert wird die- oder derjenige Bewerber, die oder der mindestens 2025 Stimmen auf sich vereint.

Die „Washington Post“ errechnet derzeit für Obama 1462 Delegierte, für Clinton 1380, die „New York Times“ 1311,5 Delegierte für ihn und 1211 für sie. Der renommierte Internetdienst „Realclearpolitics“ sieht Obama bei „pledged delegates“, also gebundenen Delegierten, mit 1340 zu 1206 vorn, unter Einrechnung der Superdelegierten, die sich festgelegt haben, mit 1542 zu 1447. Die „Washington Post“ meldete am Dienstag, das Obama- und das Clinton-Team kämen bei internen Berechnungen zum übereinstimmenden Ergebnis, dass er vor den jüngsten Vorwahlen einen Vorsprung von 160 Delegierten hatte.

Für die nächsten Vorwahlen am Samstag in Wyoming und am Dienstag in Mississippi wird ein erneuter Obama-Sieg erwartet, doch auch er kann die Zahl 2025 nicht mehr allein durch weitere Vorwahlsiege erreichen. Obama wie Clinton wären auf die Stimmen der Superdelegierten angewiesen. Allerdings ist Clinton in einer schlechteren Position. Um Obama die Führung bei den gewählten Delegierten zu nehmen, müsste sie die verbleibenden elf Vorwahlen mit im Schnitt 60 bis 70 Prozent gewinnen. Das gilt als unmöglich. Sie steht unter großem Druck, Superdelegierte für sich zu halten. Sie fordert sie auf, das Wählervotum zu ignorieren und sie zur Kandidatin zu machen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false