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Politik: US-Wahlen: Treffen mit Richtern und LKW-Fahrern

Der neue US-Präsident hätte jetzt viel zu tun, wäre viel unterwegs - wenn Amerika denn einen Präsidenten hätte. Die rund zehn Wochen zwischen der Wahl und der Amtseinführung im Januar bieten dem Neugewählten normalerweise viele Gelegenheiten, sich auf seine kommenden Aufgaben vorzubereiten.

Der neue US-Präsident hätte jetzt viel zu tun, wäre viel unterwegs - wenn Amerika denn einen Präsidenten hätte. Die rund zehn Wochen zwischen der Wahl und der Amtseinführung im Januar bieten dem Neugewählten normalerweise viele Gelegenheiten, sich auf seine kommenden Aufgaben vorzubereiten. In diesem Jahr aber, in dem die Wahl scheinbar nie zu Ende gehen will, ist alles anders. Der texanische Gouverneur George W. Bush und Vizepräsident Al Gore können sich weder richtig vorbereiten, noch können sie sich von den Strapazen des Wahlkampfs erholen.

Ihre Vorgänger Ronald Reagan, George Bush oder Bill Clinton konnten in dieser Zeit noch erste eigene Gehversuche in der Außenpolitik machen, konnten sich in Ruhe mit Vertretern wichtiger Gruppen oder Persönlichkeiten treffen und auch versuchen, Wunden zu heilen, die im Wahlkampf entstanden waren. Reagan traf sich zum Beispiel mit dem demokratischen Senator Edward Kennedy, der ihn immer schon einmal kennen lernen wollte, Bush machte einen dreitägigen Jagdausflug in Texas, Clinton besuchte den Obersten Gerichtshof. Dabei verspätete er sich und ließ die Richter warten.

Clinton ging nach seiner Wahl 1992 erst einmal auf der Georgia Avenue spazieren, die durch die Wohngebiete der Schwarzen in Washington führt, und versprach dabei, dass er versuchen wolle, nie den Bezug zu den Menschen zu verlieren. Reagan und Bush erschienen 1980 beziehungsweise 1988 vor der International Brotherhood of Teamsters, der Gewerkschaft der Lastwagenfahrer, um ihnen für ihre Unterstützung zu danken. Reagan traf sich auch mit schwarzen Bürgerrechtlern und versprach ihnen, die Rechte von Minderheiten in den USA bis aufs Messer zu verteidigen. Clinton traf sich mit 300 Wirtschaftswissenschaftlern, Unternehmern und Gewerkschaftern in Little Rock in Arkansas um über die Wirtschaft zu sprechen. Die Diskussion dauerte 19 Stunden und zog sich über zwei Tage.

Bush merkte dann auch, dass ein neuer Präsident plötzlich Freunde hat, von denen er zuvor noch nichts wusste. So besuchte ihn ein Gruppe von Umweltschützern, von denen die meisten im Wahlkampf seinen Gegner unterstützt hatten, Michael Dukakis. Sie überreichten ihm umweltpolitische Leitlinien, 700 an der Zahl.

Die Präsidentenwahl in diesem Jahr schafft aber nur Irritationen; der Antrag der Demokraten, die Nachzählungen per Hand in einigen Stimmbezirken Floriads zuzulassen, verzögert das offizielle Endergebis der Wahl, bei der Bush nach amtlichen Angaben mit 930 Stimmen vor Gore liegt. Nach ersten Angaben aus den demokratischen Hochburgen Palm Beach und Broward konnte Gore zunächst nur leichte Gewinne verbuchen. In dem Bezirk Broward habe Gore bis Montagmorgen 109 Stimmen dazugewonnen, berichtete der Fernsehsender CNN.

Irritationen gibt es aber auch in San Cristobal in Mexiko. Dort wollte eigentlich der neugewählte mexikanische Präsident Vicente Fox am Montag den neuen US-Präsidenten empfangen. Neue Bäume sind schon gepflanzt, die Bürgersteige und Straßen erneuert - nur ein US-Präsident, der zu Besuch kommen könnte, fehlt.

Mike Feinsilber

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