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© AFP

US-Wahlkampf: Er zeigt Nerven

McCain erlaubte sich während Obamas Weltreise Patzer. Er wirkte frustriert und gehässig. Doch die Wähler vertrauen ihm außenpolitisch.

Ist John McCain unfreiwillig zum Wahlhelfer Barack Obamas geworden? Der Republikaner hatte den Demokraten mehrfach aufgefordert, nach Afghanistan und in den Irak zu fahren und sich ein Bild von der Lage zu machen. McCain wollte seine größere Erfahrung in der Außen- und Sicherheitspolitik unterstreichen. Daraus wurde eine zehntägige Weltreise Obamas. Nun spötteln amerikanische Kommentatoren, im Vergleich beider Kandidaten über die jüngsten Tage habe McCain wenig vorteilhaft ausgesehen.

Obama gehörten die Schlagzeilen. McCain wirkte wie ein frustrierter Rivale, der den medialen Siegeszug des Konkurrenten verärgert bis gehässig kommentierte. Zugleich unterliefen ihm außenpolitische Versprecher. Im Kontext der geplanten Raketenabwehr in Europa sprach er von der „Tschechoslowakei“, einem Staat, den es seit 17 Jahren nicht mehr gibt. Er philosophierte über die „Lage im irakisch-pakistanischen Grenzgebiet“ – die beiden Staaten grenzen nicht aneinander.

US-Medien warfen ihm vor, dass er die Entwicklung im Irak falsch darstelle. Laut McCain hat die von ihm befürwortete Truppenverstärkung zum „Anbar awakening“ geführt: der Entscheidung sunnitischer Stämme in der Provinz Anbar, die früher ein Zentrum des Widerstand war, sich gegen die Aufständischen zu stellen. Tatsächlich, sagen die Kritiker, war die Abfolge umgekehrt: Erst kam der Frontwechsel der Sunniten, dann die Truppenverstärkung.

Und wenn schon von McCains Irrtümern auf seinem angeblichen Paradegebiet, der Außenpolitik, die Rede ist, erinnern die US-Medien an einen weiteren Fehlgriff: Als McCain im März selbst im Nahen Osten unterwegs war, verwechselte er Sunniten und Schiiten.

Dies sind zugleich die Argumente, mit denen US-Medien den Vorwurf McCains zurückweisen, sie berichteten einseitig und zu positiv über Obama. Wären dem Demokraten ähnliche Fehler unterlaufen, heißt es in Kommentaren, hätten alle über seine Inkompetenz gelästert. McCains Versprecher würden dagegen mit erstaunlicher Nachsicht behandelt.

Wenig Verständnis haben die Kolumnisten für eine Äußerung McCains, die aus ihrer Sicht die Regeln des Respekts und der Fairness verletzt. Obama sei bereit, einen Krieg zu verlieren, um den Kampf ums Weiße Haus zu gewinnen, hatte McCain über Obamas Irakpläne gesagt; der von Obama angekündigte Abzug der Kampftruppen binnen 16 Monaten werde das Land ins Chaos stürzen, warnte McCain. Mit der Wortwahl habe er Obama zum „Verräter“ erklärt, befanden Kommentatoren. Das gehe zu weit.

Sie erklären die Aussage mit McCains Ärger, dass die Dinge gegen ihn laufen. Iraks Regierungschef Maliki nannte ähnliche Abzugspläne wie Obama. Selbst Präsident George W. Bush, der feste Rückzugstermine abgelehnt hatte, ist jetzt bereit, einen Zeitplan zu unterstützen.

Ein anderer Kommentar aus McCains Lager stößt in Deutschland auf mehr Kritik als in den USA. Als Obama seinen Besuch im US-Militärkrankenhaus Landstuhl absagte, sagte McCains Sprecher Tucker Bounds, es sei Obama offenbar wichtiger, vor Massen kriecherischer Deutscher zu reden, als verwundete US- Soldaten zu besuchen. Das Wort „fawning“ hat eine Bandbreite von Bedeutungen, von „anhimmelnd“ bis „kriecherisch“, aber dem Kontext nach verwendete es Bounds abwertend. McCain hatte bis Dienstag nicht auf die Forderung reagiert, sich von der Aussage seines Sprechers zu distanzieren.

Die Umfragen zeigen keine Verschiebungen, wie die Wähler die außenpolitische Kompetenz einschätzen. McCain führt da mit rund 50 zu 38 Prozent. Insgesamt liegt Obama im Umfragendurchschnitt in der Gunst vorne, derzeit mit 46,5 zu 43,3 Prozent.

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