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Politik: USA im Beiboot

Weltklimakonferenz in Montreal: Es geht auch nach 2012 weiter / Washington bereit zum offenen Dialog

Berlin - Am Ende tobte der Saal vor Begeisterung. Elf Tage nach dem Beginn der Weltklimakonferenz gab es ein Ergebnis zu feiern – auch wenn es nicht ganz einfach zu erklären ist. Aber vor lauter Erleichterung nach zwei durchverhandelten Nächten griff der Konferenzvorsitzende, der kanadische Umweltminister Stephane Dion, am Ende ganz tief in die Pathos-Kiste: „Wir werden die Menschheit mit ihrem Planeten aussöhnen.“

Dass die Einigung auf die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls weiterhin ohne die USA und zudem einen offenen Dialog über den Klimaschutz mit Washington dazu reichen werden, „die Menschheit mit ihrem Planeten auszusöhnen“, ist eher unwahrscheinlich. Doch nach knapp zwei Wochen Gesprächsverweigerung seitens der USA – in der Nacht zum Freitag hatten sie die Verhandlungen einfach verlassen – fielen auch die Bewertungen anderer Regierungen bis hin zu den Umweltschützern durchweg sehr positiv aus.

Der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel sprach von einem „großartigen Signal für den globalen Klimaschutz“. Besonders wichtig ist ihm, dass es nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 „keinen vertragslosen Zustand geben wird“ und an die sich entwickelnden Kohlenstoffmärkte das Signal ausgeht: Es geht weiter. „Das gibt der Wirtschaft Investitionssicherheit. Es wird sich auch in Zukunft lohnen, klimafreundliche Technologien in Entwicklungsländer zu transferieren. Und es bleibt beim Emissionshandel“, sagte er dem Tagesspiegel. Deutschland werde seine Rolle als Vorreiter beibehalten, versprach er und forderte die Industrie auf, die Chancen darin zu erkennen und zu nutzen. Gabriel ist zudem froh, dass die USA „mit im Boot sind“, zumindest im Beiboot. Das Ziel sei aber noch immer, dass sie irgendwann „wieder aufs Hauptschiff kommen“.

Die Klimaexpertin der Umweltorganisation WWF, Regine Günther, sagte dem Tagesspiegel: „Das ist ein sehr schöner Erfolg.“ Sie betont besonders, dass auch die Schwellen- und Entwicklungsländer nun eingeladen seien, über ihre möglichen Beiträge zum globalen Klimaschutz nachzudenken. Dennoch übernähmen die Industriestaaten die ihnen auch zukommende Verantwortung für ihre historische Schuld am Klimawandel und würden zunächst allein neue, anspruchsvollere Klimaschutzziele aushandeln. Die Erhöhung der Durchschnittstemperatur um 0,7 Grad seit Beginn der Industrialisierung geht auf den Treibhausgasausstoß der Industrieländer zurück. Zwar holen Schwellenländer wie China beim Kohlendioxidausstoß (CO2) schnell auf. Doch pro Kopf bläst auch China nach wie vor nur einen Bruchteil der Menge an CO2 in die Atmosphäre wie die USA oder Europa.

Auch Markus Steigenberger vom BUND lobte den Kompromiss von Montreal. Allerdings gab er zu Bedenken, dass das Tempo der Verhandlungen vor dem Hintergrund der realen Bedrohung durch den Klimawandel „eher dem Gang einer lahmen Ente gleicht“. Der Klimaexperte von Germanwatch, Christoph Bals, ergänzte: „Schnell ist der Klimawandel, langsam die Politik.“

Dass es zumindest den Kyoto-Staaten ernst ist, bewiesen sie ebenfalls am letzten Tag. Gegen den erbitterten Widerstand von Saudi-Arabien verabschiedeten sie ein Sanktionssystem für das Kyoto- Protokoll. Staaten, die ihre Klimaschutzziele verfehlen, sollen demnach in der nächsten Erfüllungsperiode von 2012 bis 2016 nicht nur die entsprechende Menge CO2 zusätzlich einsparen müssen, sondern die verfehlte Menge wird zusätzlich um 30 Prozent erhöht. Damit kann die Nicht-Einhaltung des Klimaschutzabkommens für die betroffenen Staaten ziemlich teuer werden.

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