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Aufrecht bleiben. US-Präsident Obama, beflügelt durch seine Reformerfolge.

© dpa

USA: Kontrollierte Offensive

Obamas ungewöhnliche Strategie sechs Monate vor der Kongresswahl: Er schiebt mehr Gesetze an, um die Republikaner unter Druck zu setzen.

Das Nein der Republikaner zur Reform der Finanzaufsicht ist nicht das letzte Wort. Es ist taktisch bedingt. Ihnen geht es um die strategische Lage im Machtkampf mit Präsident Barack Obama sechs Monate vor der Kongresswahl. Das ist die überwiegende Analyse der US-Medien, nachdem die Republikaner am Montag mit ihrer Sperrminorität im Senat die Beratung über ein Gesetz verhindert haben, das eine Wiederholung der globalen Finanzkrise von 2008 verhindern soll. Für die Beratung im Plenum sind 60 der 100 Stimmen erforderlich. Die Demokraten verfügen seit der verlorenen Nachwahl in Massachusetts über 59 Stimmen.

Allgemein wird erwartet, dass die Republikaner ihre Abwehr nicht lange durchhalten. Zwei Jahre nach der Pleite der Investmentbank Bear Sterns, auf den wenig später der Zusammenbruch von Lehman Brothers folgte, ist die Wall Street in den USA anhaltend verhasst. In einer neuen Umfrage der „Washington Post“ sprechen sich zwei Drittel der Bürger für eine schärfere Kontrolle aus.

Tatsächlich kämpfen beide Parteien um ihre Ausgangsposition für die Kongresswahl in sechs Monaten. Sie entscheidet, ob Präsident Obama weiter eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern haben wird. Normalerweise gelten Wahljahre als schlechte Zeiträume für Reformen. Barack Obama setzt auf die gegenteilige Dynamik. Er fühlt sich beflügelt durch seine Erfolge bei der Gesundheitsreform und der Abrüstung und glaubt, dass er die Republikaner auf weiteren Gebieten unter Druck setzen kann. Neben der Finanzaufsicht sind dies ein neuer Anlauf zu einem Klimaschutzgesetz, das wegen der überwiegenden Skepsis der Amerikaner in Klimafragen aber nicht mehr so heißen darf, sondern in Energiesicherungsgesetz umbenannt wird, sowie die Reform des Einwanderungsrechts. Sie war unter George W. Bush gescheitert.

Die Republikaner wollen verhindern, dass Obama kurz vor der Wahl einen dreifachen Reformerfolg feiert. Ein prinzipielles Nein wie bei der Gesundheitsreform ist aber riskant. Die Bürger fordern neue Regeln für die Finanzaufsicht. Bei Energiesicherheit und Einwanderungsreform hat Obama darauf geachtet, dass mindestens ein Republikaner an den Gesetzesentwürfen beteiligt wird. So kann die Auseinandersetzung nicht mehr als Lagerkampf dargestellt werden. Diese Schlüsselfigur ist Senator Lindsay Graham aus South Carolina.

Im Fall der Finanzreform nennen US- Medien bis zu sechs Republikaner, die bald mit Ja stimmen würden, um ihre Wähler nicht zu verärgern. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis das Gesetz verabschiedet werde, vermutlich mit einigen Änderungen, um Republikanern den Seitenwechsel zu erleichtern. In den täglichen Presse-Briefings betont Obamas Sprecher Gibbs, solange die Republikaner die Reform blockierten, könne es sich wiederholen, dass systemrelevante Banken oder Versicherungen mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Die Reform sieht neben einer strengeren Aufsicht einen Fonds vor, in den die Banken eine Abgabe einzahlen. So würden neue Rettungsaktionen von der Branche finanziert und nicht durch die Steuerzahler.

Die Republikaner sagen, auch sie wollten eine Reform. Der Entwurf der Demokraten sei mangelhaft, doch die ignorierten alle Verbesserungsvorschläge. Wegen der Geschäftsordnung des Senats wollen die Republikaner den Entwurf verändern, bevor er im Plenum beraten wird. Danach sinken ihre Chancen.

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