zum Hauptinhalt
304327_0_36748543.jpg

© CORBIS_Pool

USA: Rechts Häme, links Sorge

Der Friedensnobelpreis für Barack Obama wird in den USA kontrovers diskutiert und kaum bejubelt.

Es war ein gefundenes Fressen für Rush Limbaugh und man hörte, dass er es sich auf der Zunge zergehen ließ. „Unser Präsident ist jetzt der Treppenwitz der ganzen Welt“, frohlockte der konservative Moderator in seiner Radiosendung, die täglich bis zu fünf Millionen Amerikaner hören. Wie für die meisten amerikanischen Rechten war die Verleihung des Friedensnobelpreises an Obama ohne nachweisbaren außenpolitischen Erfolg für Limbaugh eine Bestätigung dessen, was er predigt: Dass der Emporkömmling aus Chicago ein Schaumschläger ohne Substanz sei.

Die Preisverleihung für Obama kam für seine rechten Kritiker zu einem ausgesprochen günstigen Zeitpunkt. Der „vorzeitige Friedensnobelpreis“, wie ihn Thomas L. Friedman, Kommentator der liberalen „New York Times“ bezeichnete, gibt den Blick frei auf den tiefen Graben zwischen den politischen Lagern in den USA. Seit Wochen geißeln konservative Kommentatoren Obamas Tatenlosigkeit und politische Impotenz. Die Comedy Show Saturday Night Live hatte ironisch die Konservativen beschwichtigt, dass sie keine Angst vor Obama zu haben brauchten, weil er doch ohnehin nichts zustande bringe. Deshalb verlor die Rechte am Freitag auch keine Minute, den sich anbahnenden Stimmungstrend zu forcieren: „Was genau hat der Präsident denn tatsächlich geleistet?“, fragte der Vorsitzende des republikanischen Nationalkongresses, Michael Steele. „Vom amerikanischen Volk bekommt er jedenfalls keine Preise – weder für das Schaffen von Arbeitsplätzen, noch für verantwortliches Haushalten, noch dafür, dass er seine ganze Rhetorik mit Taten untermauert.“

Die vorhersehbare konservative Häme beschränkt sich allerdings nicht darauf, die Verleihung des Nobelpreises als Symbol für die vermeintlich substanzlose Präsidentschaft Obamas darzustellen. Eine der Hauptstrategien von Obamas Kritikern ist es, die Preisverleihung als antiamerikanisch zu denunzieren. Wieder schlug Limbaugh den Ton an: „Leute, merkt ihr, dass da etwas passiert ist, worüber ich mit den Taliban und dem Iran der gleichen Meinung bin“, geiferte er. „Ist das nicht ein Witz?“ Das Komitee in Oslo, so die paranoide Unterstellung, habe Obama gewählt, weil er ein Feind Amerikas sei. Der konservative Blogger Andy McCarthy, der den Friedensnobelpreis gar in „Jassier-Arafat-Preis“ umbenannt haben wollte, formulierte dieses Argument aus: „Es ist eine symbolische Stellungnahme gegen amerikanischen Exzeptionalismus, amerikanische Macht, amerikanischen Kapitalismus und die Verteidigung amerikanischer Interessen in der Welt.“ Geehrt werde Obamas Kniefall vor den Vereinten Nationen und der islamischen Welt. Tom Bolton, konservativer Vordenker der Regierung von George W. Bush und früherer Botschafter bei den Vereinten Nationen schrieb in der „New York Post“, der Preis für Obama sei nichts anderes als „Ausdruck vermeintlicher moralischer Überlegenheit der Europäer“. Schon die Preise für Jimmy Carter und Al Gore in den Jahren 2002 und 2007 hätten nur dazu gedient, die Politik Bushs zu kritisieren. Doch der Nobelpreis mache es für Obama auch im Ausland schwerer, seine Ziele zu erreichen, prophezeit er.

Einige linke Kommentatoren drehten den Spieß um und wendeten das Patriotismus-Argument gegen die rechten Kritiker. Limbaugh habe sich demaskiert, als er sich mit den Taliban solidarisierte, schrieb Chris Harris auf dem liberalen Blog „Media Matters“. Allein zu hinterfragen, ob Obamas Preis gerechtfertigt sei, sei selbst zutiefst unpatriotisch. „Die Tatsache, dass die Weltgemeinschaft den amerikanischen Präsidenten ehrt, sollte uns Anlass zu nationalem Stolz geben.“

Solche Fälle von linkem Hurra-Patriotismus blieben allerdings vereinzelt. Die Mehrzahl der gemäßigt liberalen Medien waren eher verwundert über die Entscheidung und fragten sich, ob man Obama damit wirklich einen Gefallen getan habe. „Ich befürchte, dieser Preis wird ihn politisch schwächen, weil er seine Wahrnehmung als globale Ikone verstärkt, anstatt die als erfolgreicher Präsident“, schrieb der Reporter George Packer auf der Internetseite des Magazins „New Yorker“.

Zwei Konservative gratulierten Obama dann doch noch. Sein Gegenkandidat Senator John McCain sagte dem Sender CNN: „Ich bin sicher, Obama versteht, dass er dem jetzt noch mehr gerecht werden muss.“ Und der Gouverneur in Kalifornien, Arnold Schwarzenegger sagte: „Dies ist eine große Ehre für unser Land und erinnert uns alle an die Verheißung, die unsere Nation bereithält.“

Sebastian Moll[New York]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false