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Venezuela: Chavez stellt Opposition kalt

Eine umstrittene Wahlgesetzreform soll die Vorherrschaft in Venezuelas Parlament sichern. Einer nach dem anderen werden die Kritiker von Präsident Hugo Chavez ausgeschaltet.

Der Abgeordnete Ismael Garcia ist das jüngste Opfer. In der zurückliegenden Woche wurde er von seinen ehemaligen Gesinnungsgenossen von der Sozialistischen Einheitspartei Venezuelas (PSUV) wegen Vaterlandsverrats angezeigt. Garcia trainiere auf seiner Finca paramilitärische Gruppen, lautete ein Vorwurf. Garcia und dessen sozialdemokratische Partei Podemos hatten sich 2007 wegen der Verfassungsreform mit Chavez überworfen, die letztlich in einem Referendum scheiterte. Podemos stellt – weil die bürgerliche Opposition die letzten Parlamentswahlen boykottierte – die einzigen oppositionellen Abgeordneten im Parlament. Und der wortgewaltige Garcia, dem die Parlamentsvorsitzende in letzter Zeit immer häufiger das Mikrofon abstellte, war Chavez ein Dorn im Auge.

Ebenso wie sein ehemaliger Waffengefährte und Ex-Verteidigungsminister Raul Baduel. Auch der 53-jährige General a. D. stieg 2007 aus den Reihen des „Chavismo“ aus, erfreute sich aber weiterhin gewisser Popularität unter Militärs. Jetzt sitzt er im Gefängnis – angeklagt wegen Korruption und ungerechtfertigter Bereicherung. Nach Angaben seines Anwalts will die Justiz Baduel jegliche politische Betätigung verbieten. Sämtliche Soldaten wurden vom Generalstab unter Androhung von Strafe angewiesen, jeglichen despektierlichen Kommentar über die Regierung zu melden.

Ein Korruptionsverfahren wurde gegen den oppositionellen Bürgermeister von Maracaibo, Manuel Rosales, eingeleitet und kurzerhand ins eigentlich nicht zuständige Caracas verlegt, wo die Justiz Chavez gefügig ist. Rosales floh angesichts der drohenden Festnahme ins Exil nach Peru. Zahlreiche andere Oppositionspolitiker und sozialistische Dissidenten konnten schon gar nicht an der Kommunal- und Regionalwahl 2008 teilnehmen, weil sie vom chavistischen Rechnungsprüfer aufgrund angeblicher Korruption „inhabilitiert“ wurden.

Aber auch diejenigen, die antreten und gewinnen konnten, hat Chavez im Visier. Etwa den Hauptstadtbürgermeister Antonio Ledesma. Caracas an die Opposition zu verlieren passte Chavez ganz und gar nicht. Deshalb besetzten seine Gefolgsleute erst das Rathaus und ließen Ledesmas Team nicht hinein. Dann setzte Chavez ihm eine getreue Präfektin vor die Nase. Ähnlich verfuhr er mit den oppositionellen Gouverneuren von Zulia und Miranda, denen er die Zuständigkeit für Häfen, Autobahnen und Flughäfen entzog. Damit brachte er sie einerseits um wichtige Steuereinnahmen und stellte andererseits sicher, dass die im Zoll operierenden Korruptionsnetze weiter ungestört funktionieren. Mit diesen Aktionen übermittelt Chavez nach Ansicht von Luis Vicente Leon vom Umfrageinstitut Datanalisis die Botschaft, dass politisches Engagement in den Reihen der Opposition gefährlich ist.

Auch die Tage des letzten noch verbliebenen oppositionellen TV-Senders Globovision dürften gezählt sein. Chavez wies die Staatsanwaltschaft und seinen getreuen Infrastrukturminister Diosdado Cabello an, Schritte gegen den „imperialistischen Hetzsender“ zu ergreifen. Am Freitag erklärte er, entweder ändere der Sender seine Berichterstattung, oder er drehe ihm den Saft ab. Inzwischen hat Globovision 34 Verfahren gegen sich laufen – von Steuerhinterziehung bis zur Unruhestiftung. Des Weiteren diskutiert das Parlament gerade ein Gesetz, das der Regierung die Kontrolle über die Finanzierung aller Nicht-Regierungs-Organisationen geben würde. Und ein neues Wahlgesetz soll verhindern, dass die Opposition bei den Parlamentswahlen im kommenden Jahr Terrain gewinnt. Dabei werden die Direktmandate zugunsten von Listenmandaten reduziert, die ihrerseits nicht proportional verteilt werden, sondern die stärkste Kraft – die PSUV – begünstigen.

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