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Politik: Vereinigte Streitkräfte von Europa

Belgien regt den Aufbau einer gemeinsamen Armee an

Die Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik der EU-Mitgliedstaaten soll trotz der Kluft zwischen Kriegsgegnern und Kriegsbefürwortern im Europäischen Rat fortgesetzt werden. Ihre Befürworter wollen verhindern, dass sie an Vorbehalten einzelner Mitgliedstaaten, beispielsweise Großbritannien, scheitert und haben schon Alternativkonzepte in den Schubladen. Die griechische Ratspräsidentschaft hatte die Regierungschefs bereits am Donnerstagabend auf eine in die Zukunft gerichtete Erklärung verpflichten können. Der Streit über den Irak-Krieg wurde ausgespart und ein Bekenntnis zur humanitären Hilfe und zur Führungsrolle der Vereinten Nationen bei der Verteilung der Hilfsmittel und beim Wiederaufbau des Landes abgegeben.

Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt hat Deutschland und Frankreich außerdem am Rande des Brüsseler Gipfels den Aufbau einer gemeinsamen Verteidigungsarmee vorgeschlagen. Bundeskanzler Schröder begrüßte den Vorschlag und sagte, dieser entspreche deutsch-französischen Vorstellungen. Natürlich sei eine solche Verteidigungsarmee „offen für jeden, der mitarbeiten will oder im Laufe des Prozesses dazustößt“. Das gilt dann selbstverständlich auch für Großbritannien. Denn der britische Premierminister Blair lehnte dieses Angebot umgehend ab: Die Verteidigungspolitik müsse Sache der Mitgliedstaaten bleiben, sagte er.

Schröder äußerte sich noch nicht dazu, wie weit die Zusammenarbeit seiner Ansicht nach gehen könnte. Er zog jedoch den Bogen weit über die Sicherheitspolitik hinaus und verwies auf einen Brief, den er gemeinsam mit dem französischen Präsident Jacques Chirac an den Konvent gerichtet hatte. Sie hatten darin sowohl einen gemeinsamen europäischen Außenminister als auch Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik gefordert. Schröder erinnerte daran und sagte, gemeinsame Militäreinsätze wie in Mazedonien müssten weiterentwickelt werden. Wenn es gemeinsame europäische Streitkräfte gebe, komme dies auch der europäischen Rüstungswirtschaft zugute. Er sei sich jedoch auch darüber klar, dass die Beitrittskandidaten gegenwärtig keineswegs daran interessiert sind, ihre nationale Souveränität zugunsten der EU einzuschränken. Die Debatte über die engere Zusammenarbeit einiger Mitgliedstaaten ist durch den Ausbruch des Krieges neu entfacht und wird auch die Arbeit des EU-Konventes beeinflussen.

Mariele Schulze Berndt[Brüssel]

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