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Update

Karlsruhe: Verfassungsgericht bestätigt Gentechnikgesetz

Das Bundesverfassungsgericht hat das Gentechnikgesetz bestätigt. Die Haftungsregelung für mit Gentechnik arbeitende Landwirte bleibt bestehen.

Ostrinia nubilalis, der Kleinschmetterling mit gefräßigen Larven, muss sich seit Mittwoch noch weniger Sorgen um seinen Nachwuchs machen als bisher. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat sich entschieden für die geltende restriktive Gesetzgebung zur landwirtschaftlich genutzten Gentechnik ausgesprochen. Sowohl das umstrittene öffentlich zugängliche Standortregister für Gentechnik-Felder wie auch die weitreichende Haftungsregelung sind danach mit dem Grundgesetz vereinbar. Gentechnik-Landwirte müssen zahlen, wenn veränderte Pollen ein Nachbarfeld verunreinigen. Ob sie selbst tatsächlich die Urheber sind, spielt dafür keine Rolle. Die Richter des Ersten Senats betonten, die langfristigen Folgen des Gentechnik-Einsatzes seien nach dem Stand der Wissenschaft nicht geklärt. „Den Gesetzgeber trifft eine besondere Sorgfaltspflicht, auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.“

Ostrinia nubilalis, der Maiszünsler, gilt als Paradefall für die Anwendung grüner Gentechnik, im Guten wie im Schlechten. Die Raupe haftet sich an die Stängel und schwächt die Pflanze, Ernteausfälle bis zu einem Zehntel sind die Folge. Gentechnisch veränderter Mais setzt im Darm der Raupen ein für sie tödliches Eiweiß frei, die Schädlinge verhungern. Nutzen und Umweltfolgen sind umstritten. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) setzte die Zulassung 2009 aus, das Experimentieren mit grüner Gentechnik beschränkt sich seitdem in Deutschland auf die Kartoffelsorte Amflora auf 15 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern und einige Universitäts-Äcker. Der höhere Stärkegehalt vom Amflora soll industriell nutzbar sein. Weltweit werden auf mehr als 100 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, in Europa auf mehr als 90 000 Hektar.

Die rot-grüne Bundesregierung hatte die verschärften Regeln zur grünen Gentechnik 2004 aufgestellt. Seitdem müssen Gen-Äcker einen Schutzabstand von 150 Metern zum konventionellen Landbau einhalten, Ökobauern können gar auf 300 Meter Abstand pochen. Viel zu viel, monieren Landwirtschaftsverbände, die zudem die Skepsis vor Genpflanzen vielfach für unbegründet halten. Argumente, die sich Sachsens-Anhalts damals noch schwarz-gelbe Regierung zu eigen machte und mit einer Normenkontrollklage gegen die Regeln zu Felde zog. Die grüne Gentechnik würde zu sehr eingeschränkt, das Internet-Standortregister sei eine Verletzung des Datenschutzes.

Das Bundesverfassungsgericht unterstreicht jetzt die „legitimen Ziele des Gemeinwohls“, die das Gesetz verfolge. „Die Gentechnik greift in elementare Strukturen des Lebens ein“, erkannten die Richter. Die Folgen ließen sich, wenn überhaupt, nur schwer rückgängig machen. „Die Ausbreitung einmal in die Umwelt ausgebrachten gentechnisch veränderten Materials ist nur schwer oder gar nicht begrenzbar“, weshalb das bestehende Risiko „im Sinne einer größtmöglichen Vorsorge beherrrscht werden soll“. Verzichte der Gesetzgeber auf die Regelungen, so das Gericht, liefe er Gefahr, seiner Verantwortung zum Schutz natürlicher Lebensgrundlagen nicht gerecht zu werden. Das Bundesregister sorge für Transparenz und sei ein Beitrag zum öffentliche Meinungsbildungsprozess.

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