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Politik: Verfassungsschutz mit Querdenkern

Innenminister Friedrich präsentiert Reform des Geheimdienstes – der Behördenchef selbst sieht diese noch nicht als grundlegend an.

Berlin - Ein rechtes Terrornetzwerk, das jahrelang unbehelligt Morde begehen kann, Aufklärungspannen und geschredderte Akten – das Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) hat den deutschen Verfassungsschutz in eine tiefe Krise gestürzt. Seit gut zehn Monaten wird nun an einer Reform des Dienstes gearbeitet. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, zogen ein erstes positives Zwischenfazit. „Ich glaube, dass wir insgesamt auf einem guten Weg sind“, sagte Friedrich.

Die Reform bezieht sich sowohl auf strukturelle Aspekte als auch auf die Ausrichtung insgesamt. Strukturell wird vor allem im Bereich der Vertrauenspersonen etwas verändert. Eine zentrale V-Mann-Datei soll bis Ende des Jahres eingerichtet werden. Darin werden die V-Personen zwar nicht mit Klarnamen geführt, aber mit klaren Kriterien, zu welcher Szene sie gehören, regionale Bezüge und Ähnliches. Auch sollen keine Personen mehr als V-Männer eingesetzt werden, die „schwere oder schwerste Straftaten“ begangenen haben. Die Bezahlung soll nicht mehr so üppig ausfallen, dass damit eine Personen ihren gesamten Lebensunterhalt bestreiten könnte.

Einen neuen Umgang soll es auch mit Akten geben. 2012 wurde bekannt, dass kurz nach dem Auffliegen des Terrornetzwerks wichtige Unterlagen im BfV geschreddert wurden. Maaßen-Vorgänger Heinz Fromm musste daraufhin seinen Hut nehmen. Nun gibt es einheitliche Regeln, Mitarbeiter werden geschult und in jeder Abteilung gibt es einen Beauftragten für den Umgang mit Akten.

Wichtiger noch als die rein strukturellen Neuerungen ist die neue inhaltliche Fokussierung. So soll das BfV sich stärker auf den gewaltbereiten Extremismus konzentrieren. Das Bundesamt soll dabei eine Zentralstellenfunktion einnehmen, was im Prinzip bei den Ländern auch unstrittig sei. Mit einer Ausnahme: Gibt es ein gewaltorientiertes Phänomen in nur einem Bundesland, wehren sich die Länder dagegen, dass dann das BfV sich einschaltet, dies sei allein Ländersache. Friedrich bestätigte den Dissens, gab sich aber standhaft: „Ich werde in der Frage – wie in anderen auch – hart bleiben.“

Über die neue Fokussierung hinaus will Maaßen auch die Analysefähigkeit des Amtes verbessern. Dafür wird es eine „Querdenkergruppe“ geben. Diese soll Auswertungen überprüfen und kontrollieren, ob das noch aktuellen Entwicklungen und Trends entspreche. Maaßen gab zu, dass die Probleme bei der Binnenreform „teilweise groß“ waren. Auch jetzt könne man noch nicht davon reden, dass das Amt „grundlegend reformiert“ sei.

Die Opposition kritisierte die Reformschritte als unzureichend. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann sprach am Mittwoch von „Einzelmaßnahmen“. Er forderte einen „Mentalitätswechsel“. Christian Tretbar

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