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Ort der Begegnung. Die Moschee in Duisburg-Marxloh.

© dpa

Verfassungsschutz-Tagung: Nervosität auf allen Seiten

Bei einer Verfassungsschutz-Tagung in Deutschlands größter Moschee in Duisburg-Marxloh ist die Angst vor Fanatikern allgegenwärtig.

Von Frank Jansen

Es klingt makaber, doch einen besser passenden Ort kann man sich in diesen Tagen kaum vorstellen, um über Islam und Islamfeindschaft und Terrorangst zu sprechen. Die Moschee des vom türkischen Staat dirigierten Vereins Ditib im Duisburger Stadtteil Marxloh, die größte in Deutschland, mit mächtiger Kuppel und 34 Meter hohem Minarett, ist ein Ort, der auf viele Menschen symbolisch wirkt, positiv wie negativ. Das hat sich am Dienstag schon gezeigt, bevor die Tagung beginnt, die Nordrhein-Westfalens Verfassungsschutz und die Ditib-Begegnungsstätte zum Thema rechtsextreme Islamfeindschaft veranstalten. Das provokante Motto lautet „WIR oder die Scharia?“, denn so was propagiert die NPD, natürlich ohne Fragezeichen.

Anhänger der ultrarechten Gruppierung „Pro NRW“ sind gekommen, sie recken Schilder hoch, auf denen eine rot durchgestrichene Moschee zu sehen ist. Die Polizei hält in beachtlicher Mannschaftsstärke die Islamfeinde auf Distanz zur Moschee und den Gegendemonstranten, vor allem Gewerkschafter und junge Linke. Und es bleibt friedlich. Unterdessen sammeln sich im nüchtern-funktionalen Saal der Begegnungsstätte, im Erdgeschoss unter der eigentlichen Moschee, etwa 200 Kommunalpolitiker, Lehrer und Anwohner, deutsche wie nichtdeutsche. Der Andrang signalisiert bereits ein Bedürfnis nach Orientierung, nach Aufklärung und Austausch und Auswegen aus der Angst in einer prekären Zeit.

Die nichtmuslimischen Zuhörer erfahren, dass auch die Muslime nervös sind. Viele Mitglieder der türkischen Gemeinde hätten angesichts der massiv angerückten Polizei angerufen und gefragt, „ob an der Moschee eine Bombe hochgegangen“ sei, sagt Zehra Yilmaz, Leiterin der Begegnungsstätte. Da ist zu spüren, wie die Terrorangst auf Muslime wirkt – sie könnten gleich doppelt ins Fadenkreuz geraten, bei durchdrehenden Islamfeinden und bei militanten Islamisten, denen Ditib nicht fromm genug erscheint. Obwohl hier die Musliminnen alle Kopftuch tragen, Zehra Yilmaz verhüllt ihre Haare mit viel silbrig-weißem Stoff und trägt ein langes Gewand.

Er sehe die Gefahr, dass in Teilen der Bevölkerung die Angst vor dem Terror auch ohne ein lange schwelendes Vorurteil „direkt zur Diskriminierung von Muslimen führt“, sagt der Sozialforscher Andreas Zick von der Universität Bielefeld. Und er nennt beunruhigende Zahlen: In Deutschland stimmten mehr als 46 Prozent der Aussage zu, es gebe zu viele Muslime hier. Das sei sogar ein höherer Wert als in den Niederlanden, wo der islamfeindliche Populist Geert Wilders Erfolge feiert, von denen die Ultrarechten in Deutschland nur träumen können.

Experten vom Verfassungsschutz warnen anhand von Hetzvideos und Parolen, NPD und Pro-Bewegung wollten mit islamfeindlichen Kampagnen über rechtsextreme Milieus hinaus Anklang finden. Zur Sprache kommt aber auch, dass Teile der türkischen Gemeinde anfällig sind für Rechtsextremismus. Im Moscheekomplex fand im April eine Gedenkfeier für Alparslan Türkes statt, den 1997 gestorbenen Anführer der türkischen Nationalistenpartei MHP. Zehra Yilmaz verspricht, das komme nicht mehr vor.

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