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Politik: Verkauft Schröder China Atomfabrik?

Der Kanzler sieht kaum Hindernisse – der Umweltminister schon / Proteste gegen Aufhebung des Waffenembargos

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Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder sieht kaum Hindernisse für einen Verkauf der Hanauer Plutonium-Anlage nach China. Es sehe nicht so aus, als ob etwas dagegen spreche, sagte er am Dienstag im chinesischen Kanton. Das Umweltministerium und das Außenamt hegen aber offenbar Bedenken gegen den Verkauf des „Dual-Use-Produkts“, das zivil wie militärisch genutzt werden kann. Auch Greenpeace forderte die Regierung auf, den Export zu stoppen. Menschenrechtspolitiker von Opposition und Regierung kritisierten das Versprechen des Kanzlers, Deutschland werde sich für ein Ende des EU-Waffenembargos gegen China einsetzen.

Von Dagmar Dehmer

und Hans Monath

In einem Brief an den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, wies Umwelt-Staatssekretär Rainer Baake darauf hin, dass mit der Hanauer Plutoniumfabrik Brennelemente für die Schnelle-Brüter-Technologie produziert werden könnten. „Mit dieser Technologie kann im großen Umfang Plutonium auch für militärische Zwecke hergestellt werden“, schreibt Baake. Für eine mögliche Ausfuhrgenehmigung seien aber Außenamt und Wirtschaftsministerium zuständig, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums dem Tagesspiegel. Aus der Delegation des Kanzlers hieß es, regierungsintern müsse noch geprüft werden, ob der Export möglich sei. Der Ausgang dieser Prüfung steht aber offenbar fest. „Es gibt keine Handhabe, diesen Verkauf aufzuhalten“, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. In China gibt es bereits ähnliche Fabriken, außerdem ist das Land bereits Atommacht. Die Grünen wollen aber nach Informationen des Tagesspiegels auf alle Fälle verhindern, dass das Geschäft mit einer staatlichen Ausfallbürgschaft gestützt wird.

Grünen-Spitzenpolitiker wollten sich am Dienstag nicht äußern. Der hessische Grünen-Vorsitzende Matthias Berninger sagte lediglich: „Die Anlage war im kleinen Hessen Schrott und wird im großen China auch Schrott sein.“ Die Grünen-Abgeordnete Christa Nickels forderte, den Verkauf zu verhindern: „Ein Land, das aus guten Gründen aus der Nuklearenergie aussteigt, kann nicht als billiger Jakob der Atomindustrie eine solche Anlage nach China verscherbeln“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses kritisierte auch den Einsatz des Kanzlers gegen das Waffenembargo. Es sei „überhaupt nicht nachvollziehbar, warum der Kanzler sich hier ohne Not so festlegt“. Die Ankündigung stimme nicht mit dem Anspruch der rot-grünen Koalition überein, beim Rüstungsexport zurückhaltender vorzugehen als die Vorgänger-Regierung. Auch der Menschenrechtssprecher der SPD-Fraktion, Rudolf Bindig, kritisierte Schröder. „Das ist eine schwer zu vermittelnde, überraschende Position“, sagte er.

FDP-Chef Guido Westerwelle forderte Außenminister Joschka Fischer auf, eindeutig Stellung zu beziehen. Früher habe sich Fischer „gern zum Anwalt der Menschenrechte stilisiert“, sagte er. Seit Fischer sein Amt übernommen habe, sei sein „Eifer beim Eintreten für die Menschenrechte spürbar gesunken“, sagte der FDP-Chef dem Tagesspiegel.

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