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Verkehr: Bahn: Mehr Geld oder weniger Strecken

Die Deutsche Bahn verlangt vom Bund mehr Geld für den Ausbau des Schienennetzes. Konzernchef Grube sieht zahlreiche Projekte in Gefahr. Auch die Berliner Region wäre betroffen.

„Wenn wir die Projekte bauen wollen, die wir für wichtig halten, benötigen wir jedes Jahr fünf Milliarden Euro“, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube dieser Zeitung am Donnerstag in Potsdam. Bislang stünden aber insgesamt nur 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Unternehmen hält eine Reihe von Projekten für gefährdet, wenn es nicht deutlich mehr Geld für die Infrastruktur gibt. Bundesweit 47 Vorhaben seien bis 2025 nicht zu finanzieren, geht aus einer Liste hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Grube verwies auf das prognostizierte Wachstum der Schiene – in den nächsten 15 Jahren werde der Personenverkehr in Deutschland um 19 Prozent und der Güterverkehr sogar um 25 Prozent zunehmen. Zugleich habe der Bund mit der EU und mit Nachbarländern zahlreiche Bauprojekte vereinbart, für die es noch keine Finanzierung gebe – diese kosteten einen zweistelligen Milliardenbetrag. Er habe „große Sorge“, dass dies den Spielraum für Maßnahmen einenge, die angesichts der Verkehrszunahme nötig seien.

Der Manager des Staatskonzerns verwies auf darauf, dass die Bahn das mit Abstand effizienteste und umweltfreundlichste Verkehrsmittel sei. Außerdem sichere jede Milliarde, die in den Bau und Erhalt der Infrastruktur fließe, pro Jahr 25 000 Arbeitsplätze. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte kürzlich im Tagesspiegel-Interview gesagt, er benötige eigentlich anderthalb Milliarden Euro mehr pro Jahr, um das erwartete Verkehrswachstum bewältigen zu können.

Bei sieben Vorhaben ist laut der Bahn-Liste nur die Planung finanziert, bei weiteren 47 Projekten „des vordringlichen Bedarfs“ im Bundesgebiet, die bis 2015 fertig sein sollen, sei die Finanzierung völlig unklar. Dazu gehören Maßnahmen in der Hauptstadtregion – die Dresdner Bahn für die Anbindung des Flughafens BBI und der weitere Ausbau der Strecken nach Dresden und Görlitz.

Die Opposition sprach von einer „Streichliste“. Allein für im Bau befindliche Projekte summiere sich der Finanzbedarf auf neun Milliarden Euro, für geplante kämen weitere 14 Milliarden hinzu, sagte Winfried Hermann (Grüne), der den Verkehrsausschuss leitet. Ramsauer müsse sich nun von Prestigeprojekten wie dem Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs, der Y-Trasse von Hamburg und Bremen nach Hannover und der ICE-Strecke Nürnberg–Erfurt verabschieden. Der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer sagte, es sei „brandgefährlich für den Standort“, wenn Investitionen auf die lange Bank geschoben würden. „Die Koalition erweist sich auch hier als Nicht-Regierungsorganisation“, urteilte er.

Bahn-Chef Grube zeigte sich zudem verärgert über die Personalpolitik des Bundes. Die lange Suche nach einem neuen Aufsichtsrats-Chef sei „nicht sehr schön“ verlaufen. Es sei nicht gut, dass die Namen so vieler Kandidaten in der Öffentlichkeit „kaputt diskutiert“ würden. „Das hätte man anders gestalten können.“ Derzeitiger Favorit auf den Posten ist Regierungskreisen zufolge der ehemalige Chemie-Manager Utz-Hellmuth Felcht. Aber auch der Ex-Chef des Handelskonzerns Metro, Hans-Joachim Körber, steht auf der Liste.

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