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Vermittlung: Das Land vor der Partei

Albert Funk über den Sinn und Unsinn von Vermittlungsverfahren.

Nun ist er wieder auf der Tagesordnung, der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat – das vielleicht unbeliebteste Gremium in der deutschen Politik, intransparent und stets im Gerede als Ort parteipolitischen Geschachers. Seine Zeit kommt, wenn eine Bundesregierung im Bundesrat nicht genügend Länder hinter sich hat. Was bekanntlich derzeit der Fall ist (wie übrigens in der Mehrzahl der Jahre seit 1949). Unbeliebt mag er sein, notwendig ist er trotzdem. Denn bei unterschiedlichen Meinungen zwischen den Kammern muss es eben ein Vermittlungsverfahren geben.

Aber es hat seine Grenzen, und ob die den Handelnden immer bewusst sind, daran durfte man in den vergangenen Wochen Zweifel haben. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht vor einigen Jahren der Neigung zum wilden Verwursteln aller möglichen Themen ein Ende gemacht, als es entschied, dass nur das verhandelt werden darf, was im Gesetzgebungsverfahren zuvor auch schon auf dem Tisch lag. Aber die jeweilige Opposition nutzt natürlich die Situation, um über eigene Anträge im Bundestag oder über Beschlüsse im Bundesrat das Vermittlungspaket anschwellen zu lassen.

Auch im aktuellen Fall hat die Opposition einen umfangreichen Wunschkatalog aufgestellt, um das eigentliche Anliegen, die von Karlsruhe geforderte Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes, zu erweitern. So standen dann auch Themen wie Mindestlohn und Leiharbeit und noch einige mehr auf der Tagesordnung. Spätestens mit der Forderung nach tausenden Sozialarbeitern in den Schulen war freilich die Grenze zum Sachfremden überschritten, denn die Verfassungsrichter hatten kein Hartz-IV-Präventionsgesetz verlangt. Die Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund übrigens auch nicht.

Nun liegt der Ball beim Bundesrat, denn dort fehlt Schwarz-Gelb die Mehrheit. Die zweite Kammer hat in unserem Bundesstaatsmodell eine ganz bestimmte Aufgabe: die Vertretung der Länderinteressen. Denn es sind die Länder, welche die Bundesgesetze umsetzen, bezahlt aus den Landesetats, und daher müssen die Landesregierungen mitreden. Das Grundgesetz spricht davon, dass der Bundesrat an der Gesetzgebung mitwirkt. Im Begriff Mitwirkung klingt deutlich an, dass konstruktives Verhalten gefragt ist. Natürlich lässt sich parteipolitisch motiviertes Verzögern oder Blockieren nicht ausschließen, warum auch, es gehört halt dazu. Aber es ist noch nie ein Fehler gewesen, wenn die Opposition sich der Rolle des Bundesrats bewusst bleibt, wenn es in ein Vermittlungsverfahren geht. Der Bundesrat ist eben in erster Linie eine Länderkammer und erst in zweiter eine Parteienkammer wie etwa der Senat in den USA.

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