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Politik: Verteidigungsministerium: Ein Neben-Haushalt und 500 Millionen mehr

Rudolf Scharping freut sich wie ein Turmspringer nach dem ersten gelungenen Salto - und nicht ohne Grund. Am Dienstagabend hat sich der Verteidigungsminister mit Finanzminister Hans Eichel bei Bundeskanzler Gerhard Schröder im monatelangen Streit über den Wehretat geeinigt.

Von Robert Birnbaum

Rudolf Scharping freut sich wie ein Turmspringer nach dem ersten gelungenen Salto - und nicht ohne Grund. Am Dienstagabend hat sich der Verteidigungsminister mit Finanzminister Hans Eichel bei Bundeskanzler Gerhard Schröder im monatelangen Streit über den Wehretat geeinigt. Die Vereinbarung beschert Scharping zwar nicht die 2,7 Milliarden Mark pro Jahr, die er als Mehrbedarf zur Modernisierung der Bundeswehr angemeldet hatte. Aber wenn es so kommt, wie es sich der Minister wünscht, hat er zumindest die Möglichkeit, den fehlenden Rest selbst zu erwirtschaften. Ein Haken liegt im Wörtchen "wenn": Eichel hat noch Sorgen mit dem Haushaltsrecht.

Positiv für Scharping ist in jedem Fall der erste Teil der Einigung. Der Wehretat sinkt zwar 2002 von heute 46,8 auf 46,2 Milliarden Mark, bleibt aber in den folgenden drei Jahren stabil bei dieser Marke. Das sind von 2003 bis 2006 jeweils 500 Millionen Mark mehr als bisher geplant. Damit schrumpft der Verteidigungshaushalt nicht ausgerechnet in der kritischen, weil teuren Phase der Bundeswehrreform. Scharping frohlockte denn auch: Dies sei praktisch das von ihm gewünschte Programmgesetz mit Planungssicherheit über Jahre hinweg.

Problematischer ist noch der zweite Teil. Laut Scharping hat Eichel in seinen Plan eingewilligt, die privatrechtliche Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb (GEBB) zu einer Art Service-Agentur der Bundeswehr umzubauen. Die GEBB soll für die vier Tätigkeitsfelder Liegenschaften, Fahrzeug-Management, Bekleidung und Informationstechnik Tochtergesellschaften gründen. Diesen Gesellschaften überträgt die Bundeswehr ihre Gebäude, Autos und Computer - und mietet sie dann wieder von ihnen zurück. Mit dieser Privatisierung zum Beispiel der Kasernen fallen Verwaltungskosten, aber auch Aufwendungen für Instandhaltung oder Neubau weg. Eine Privatgesellschaft kann aber noch mehr - sie kann zum Beispiel überflüssige Immobilien verkaufen oder Hypotheken auf ihren Besitz aufnehmen. Das sich solche Modelle rechnen und ihm bis zu 20 Prozent Ersparnis erbringen können, hat sich Scharping von Experten bescheinigen lassen. Der Clou aus Sicht des Verteidigungsministers aber ist: "Das gesamte Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit der GEBB kommt uneingeschränkt dem Einzelplan 14 zu" - also seinem Wehretat. Die Regelung, dass Scharping ein Fünftel der Erlöse aus Verkäufen an Eichel abgeben muss, gilt nur für direkte Verkäufe über die Bundesvermögensverwaltung.

Einziger Haken: Eichels Fachleute müssen noch einen Weg finden, die Teil-Privatisierung der Bundeswehr mit dem Haushaltsrecht zu vereinbaren. Faktisch schafft Scharping mit dieser Konstruktion der GEBB einen Neben-Haushalt und, falls der Versuch schief geht, einen Neben-SchuldenHaushalt. Eichel wird daher beim nächsten Treffen mit Scharping klare Vorgaben fordern, um das Projekt als eine Art zeitlich und im Umfang begrenzten Modellversuch einstufen zu können. Andernfalls drohe Ungemach: "Niemand kann ja wollen, dass der Haushaltsausschuss Nein sagt", heißt es mahnend im Hause Eichel.

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