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Politik: Vertrauensfragen

Italiens Staatspräsident Napolitano rügt Koalitionsparteien / Prodi soll weitermachen

Die Regierungskrise in Italien ist vorerst beendet, Romano Prodi bleibt Ministerpräsident. Allerdings muss er „innerhalb kürzester Frist“ die Vertrauensfrage im Parlament stellen. So hat es Staatspräsident Giorgio Napolitano am Samstag entschieden. Napolitano sagte, nach seinen Beratungen mit allen politischen Formationen im Parlament habe es „keine konkrete Alternative“ zur Wiedereinsetzung Prodis gegeben. Die Vorschläge aus dem oppositionellen Lager Silvio Berlusconis zu einer Art überparteilicher Regierung oder großer Koalition seien „legitim, aber nicht mehrheitsfähig“ gewesen, sagte das 81-jährige Staatsoberhaupt. In einem nur wenige Sekunden langen Statement versprach ein sichtlich angespannter Romano Prodi hernach, seine Regierung werde „mit erneuertem Schwung einer kompakten Koalition“ wieder an die Arbeit gehen.

Napolitano muss sich in seinen zweitägigen Anhörungen insbesondere die Führer der Koalitionsparteien zur Brust genommen haben. Denn er sagte am Samstag, diese Parteien hätten nicht nur ihre Schwierigkeiten mit der extrem knappen Mehrheit im Senat zugegeben, „sondern auch ernste Probleme des Zusammenhalts und des Benehmens“ eingeräumt. Sie hätten ihm jetzt aber „Einheit und Effizienz in Programm und Arbeitsweise“ garantiert. Gerüchten zufolge betrachtet Napolitano seine Entscheidung als letzte Chance für die Mitte-Links-Koalition: „Bei der nächsten Panne ist Schluss“, soll er ausdrücklich gesagt haben.

Doch bleibt unklar, welche „stabilen Mehrheiten“ Prodi dem Staatspräsidenten versprochen hat: Die Anwerbeversuche seiner Emissäre im gegnerischen Lager sind weitgehend erfolglos verlaufen. Einzig Marco Follini, der frühere, berlusconi-kritische Anführer der Christdemokraten, hat dem Kabinett Prodi seine Unterstützung zugesagt, und dies auch nur fallweise. Damit kann Prodi zwar bei der Vertrauensabstimmung kommende Woche im Senat mit einer Mehrheit rechnen; grundsätzlich bleibt es in der zweiten Kammer des Parlaments allerdings beim Patt. Und jene kommunistischen „Dissidenten“ am linken Rand der Koalition, die Prodi am Aschermittwoch zum Rücktritt zwangen, geben sich stur. Sie versprechen zwar, dem Vertrauensvotum für die Regierung zuzustimmen; den heftig umstrittenen Afghanistan-Einsatz lehnen sie aber weiterhin ab. Damit droht Prodi bereits für Mitte März die nächste Abstimmungsniederlage. Christdemokraten und Rechtskonservative im Oppositionslager sprechen denn auch schon vom „Todeskampf der Regierung“.

Prodi hat zwar die Führer seiner Koalition zur Geschlossenheit und zur Anerkennung seiner Führungsrolle verpflichtet. Beobachter vermuten allerdings, dass die erneuerte Treue zu Prodi vor allem praktische Gründe hat. Das Regierungsbündnis besteht nicht nur aus zwei großen, sondern vor allem aus sieben Klein- und Kleinstparteien. Diese befürchten – angesichts der allgemein erwarteten Reform des italienischen Wahlrechts –, durch eine Fünf-Prozent-Hürde wie in Deutschland verdrängt zu werden.

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