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Video zeigt Entführten mit Sprengstoffgürtel: Warnung vor gewaltsamer Befreiung

In einem dramatischen Appell hat der in Gaza entführte britische Journalist Alan Johnston vor einer gewaltsamen Befreiungsaktion gewarnt.

Kairo - In einem dramatischen Appell hat der in Gaza entführte britische Journalist Alan Johnston vor einer gewaltsamen Befreiungsaktion gewarnt. Seine Entführer hatten ihm einen Sprengstoffgürtel umgelegt und drohen damit, den Sprengsatz zu zünden, sagte Johnston in einem Video, das am Montag im Internet auftauchte. Darin trägt der seit 105 Tagen entführte BBC-Korrespondent einen Stoffgürtel mit Schulterriemen, wie er von Selbstmordattentätern getragen wird. In dem kurzen Video sagt Johnston, die Lage sei „sehr ernst“. Die Entführer drohten mit der Sprengung des Sprengstoffs, falls militärisch gegen die Wohngegend, in der er festgehalten wird, vorgegangen werde. Viel versprechende Verhandlungen seien gescheitert, weil Hamas und die britische Regierung eine gewaltsame Befreiung planten, hätten ihm seine Entführer mitgeteilt.

Zuletzt war der 45-jährige Johnston, der am 12. März in Gaza entführt wurde, in einem am 1. Juni veröffentlichten Video zu sehen gewesen. Die Entführer bezeichnen sich als „Armee des Islam“ und haben die Freilassung des Geistlichen Abu Katada aus britischer Haft gefordert. Abu Katada soll einer der spirituellen Führer der Terrorgruppe Al Qaida in Europa sein.

Hinter der Entführung steckt die Dormusch-Familie, ein mächtiger palästinensischer Clan. Anführer ist Momtas Dormusch, der früher mit dem ehemaligen Sicherheitschef des Gazastreifens, Mohamed Dahlan, zusammengearbeitet hat. Der Mann wird als ungebildeter, schlichter Mann beschrieben, der zunächst als Türsteher für Dahlan gearbeitet haben soll. Nach seinem Rauswurf soll er als gedungener Mörder Auftragsarbeiten erledigt und 2005 Mussa Arafat ermordet haben, einen Neffen des verstorbenen Palästinenserführers Jassir Arafat. Mittlerweile verfügt er über eine Privatarmee, die auf einige hundert Mitglieder geschätzt wird. Sie beherrscht ein Stadtviertel von Gaza.

Der Minister für Jugend und Sport der Hamas-Regierung in Gaza, die von Präsident Mahmud Abbas nach der gewaltsamen Machtübernahme des Gazastreifens durch die Hamas abgesetzt wurde, hatte in der vergangenen Woche im Gespräch mit dem Tagesspiegel eine gewaltsame Befreiungsaktion ausgeschlossen. „Wir hätten die Mittel dazu, aber wir wollen das Leben von Alan nicht gefährden“, sagte Bassem Naim, der in Deutschland Medizin studiert hat. Allerdings zeichnete sich schon in der vergangenen Woche ein Scheitern der Verhandlungen ab. „Die Verhandlungen in den letzten zwei Tagen waren sehr schwierig, und möglicherweise wird es keine Einigung geben“, sagte Naim am vergangenen Mittwoch. Nach Angaben von Insidern geht es jetzt vor allem um Sicherheitsgarantien für die Familie Dormusch, die Vergeltung durch die Hamas-Kräfte fürchtet, sobald sie Johnston freigelassen hat. Dies bestätigte Hamas-Führer Mahmud Sahar: Man habe Dormusch sogar „schriftliche Garantien“ gegeben, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Am Sonntag hatte Hamas der rivalisierenden Fatah vorgeworfen, eine Einigung zu torpedieren. Es wäre ein wichtiger PR-Sieg für Hamas, wenn die islamistische Gruppe die Freilassung Johnstons verkünden könnte. Andrea Nüsse

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