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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Zeit-Herausgeber Josef Joffe über Angela Merkel, Hillary Clinton und die deutsche Außenpolitik.

Angela Merkel wirkt in der Finanzkrise isoliert. Sollte sie das stören?



Die Kanzlerin ist nicht isoliert. Erstens hat sie einen neuen besten Freund; das ist der Peer Steinbrück von der SPD- Konkurrenz. Zweitens hat sie knapp 95 Prozent beim CDU-Parteitag bekommen; nur kommunistische Parteichefs und arabische Diktatoren kriegen mehr. Drittens haben alle Landesfürsten, die mit dem Thron im Bundeskanzleramt liebäugeln, vor ihr den Kotau gemacht. Was sagen Sie, ich rede nur von der Innenpolitik? Na eben, auf die kommt es doch an, und nicht darauf, ob die Herren Brown und Sarkozy sich ohne Merkel in London treffen. Die Wahl im September wird hier gewonnen, und solange die SPD bei 23 Prozent liegt, kann niemand ihr Konjunkturprogramme aufzwingen. Folglich gilt das Schaumermal-Prinzip: Kurshalten, und immer wieder peilen, ob man kreuzen oder gar wenden muss.

Hillary Clinton an der Seite von Barack Obama – ist das ein Traumpaar?


Mein Gott, die beiden sollen doch nicht knutschen. Obama hat zwei mögliche Ziele. Die staatsmännische Variante: Er will tatsächlich Brücken bauen und sich mit der Rivalin Hillary C. versöhnen, indem er ihr den Außenminister anbietet. Die machtpolitische Lesart: Er will sie an sich binden, damit sie in den Wahlen von 2012 nicht zur Revanche antritt. Rätselhaft sind nur Mrs. C.’s Beweggründe. In Washington ist sie bloß Secretary of State, im wahrsten Sinne „Sekretärin“, die der Präsident nach Belieben entlassen kann (Merkel kann Steinmeier nur kündigen, indem sie die SPD und ihre Regierung feuert). Als Senatorin des Bundesstaates New York hatte C. viel mehr Macht als im State Department.

60 Jahre UN-Deklaration der Menschenrechte: Wem würden Sie das Dokument am liebsten mal zuschicken?

Wem würde ich es nicht zuschicken? Von der Postwurfsendung würden nur vier Dutzend demokratischer Rechtsstaaten ausgespart werden: die EU-Mitglieder, die Anglo-Länder von Amerika bis Australien, Westländer h. c. wie Indien, Israel, Südkorea und Taiwan. Die Postwurfsendung geht von Belarus bis Beijing, quer durch Asien und Afrika. In Lateinamerika an Chavez, Castro und Co. Oder vielleicht doch an alle 200 UN-Mitglieder, mit der Aufschrift „To Whom It May Concern“.

Ein Wort zur deutschen Außenpolitik ...

Das böse Ausland behauptet, Berlin verfolge mit seiner konjunkturpolitischen Abstinenz bloß eigensüchtige Interessen. Das Prinzip sei „Hannemann, geh du voran“, weil a) die zusätzliche Nachfrage im Ausland verpuffen würde und b) die deutsche Wirtschaft vom Export lebt (40 Prozent des BIP). Je mehr die anderen heizen, desto wärmer wird es am Standort D – und wir müssen die Kohle nicht schleppen. Eine schändliche Behauptung.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Die Fragen stellte Fabian Leber.

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