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Joffe

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Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Jeden Montag beantwortet "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe vier Fragen zur Außenpolitik. Heute über Afghanistan, die CIA, Barack Obama und den deutschen Wahlkampf.

Trotz des Taliban-Terrors sind viele Afghanen zur Wahl gegangen. Hand aufs Herz: Würden Sie für ein Kreuz auf dem Wahlzettel Ihr Leben riskieren?



Eine gemeine Frage, wie: „Wann haben Sie aufgehört, Ihre Frau zu schlagen?“ Umso mehr will WmdW ein Loblied auf die Afghanen singen, die hier schon wieder schlechtgeredet werden, um so den Abzug zu begründen („die wollen/können keine Demokratie“, „die Taliban sind auf dem Vormarsch“, „Afghanistan ist doch Beute der Warlords“). WmdW fragt sich, wie viele Deutsche nach 1945 an die Urnen gegangen wären, wenn die Killer des alten Regimes die Wahllokale gebombt hätten. Tapferkeit gegen Terror – das ist schon mal ein guter Grund, dort zu bleiben, und Eigeninteresse ist es auch. Denn vor 2001 war Afghanistan in der Pacht von Al Qaida.

Die CIA hat angeblich mit Privatagenten Jagd auf Al Qaida gemacht. Taugt das Modell als Vorbild?

Outsourcing und Zeitarbeit ist immer nützlich; wir stellen auch seit eh und je Privatdetektive und Wachmannschaften ein. Die Frage ist nicht, ob jemand Beamter oder Zeitarbeiter ist, sondern wer diese Herrschaften kontrolliert. WmdW hat sie im Irak („Blackwater“) beobachtet und als Kontrolleure an Übergängen zwischen Westbank und Israel. Diese Jungs mit ihren M-16 scheinen ein Eigenleben zu führen; ihre Loyalität gilt dem Chef, nicht dem Staat, weshalb die nationale Sicherheit an solchen neuralgischen Punkten nicht privatisiert werden sollte. Kasernenschutz, wie in Deutschland, ist okay.

Barack Obama schraubt seine Pläne für eine Gesundheitsreform zurück. Deutet sich eine erste Niederlage an?

Dazu ist Obama zu schlau; anders als unsere Gesundheitsministerin räumt er frühzeitig Positionen, die unhaltbar geworden sind. Deshalb sagte er jüngst: „Wissen Sie, eine Riesenvorlage wie diese durchzukriegen, wird immer chaotisch.“ Doppelt so viele Amerikaner sind gegen die Reform wie dafür. Was Obama ursprünglich wollte – eine staatliche Gesundheitsversicherung – wird wohl nicht das Tageslicht erblicken. WmdW wettet: Es wird Stückwerk geben, das auf jeden Fall noch teurer sein wird als heute. Die USA sind einsame Spitze bei den Gesundheitskosten: mit 16 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die nächsten – Frankreich, Schweiz, Deutschland – geben etwa elf Prozent aus.

Ein Wort zum deutschen Wahlkampf ...

Frage: Ist Langeweile nicht was Gutes? Die Leute erhoffen nicht viel von der Politik, müssen aber auch nichts befürchten, und sie haben sich überraschungsfreie Politiker geschaffen (Merkel, Steinmeier). Weimar war nicht langweilig, aber so „interessant“ wollen wir’s nicht, können es auch nicht wollen. Merke: Politisierung/Ideologisierung ist kein Zeichen von Glücklichsein oder guter Regierungsführung.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: Malte Lehming.

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